Siebte Weihnachtsmeditation
Schon seit langer Zeit ist es Tradition, daß in den Krippendarstellungen die Grotte von Betlehem nicht nur vom Glanz des Jesuskindes – zusammen mit Maria und Joseph – erhellt ist, sondern daß auch die Hirten auf Geheiß der Engel herbeieilen, die Weisen aus dem Morgenland ihre Gaben bringen und anbeten: Nein, sogar die unvernünftige Schöpfung wird in die Darstellung einbezogen! Sie sind stumme Zeugen des Geschehens in Bethlehem! Die Gegenwart der Tiere bekommt so einen tiefen Sinn!
Die ganze Schöpfung liegt in Wehen (vgl. Röm 8,22), und der Herr hat sie auch nicht aus dem Blick verloren.
Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, daß die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt (Röm 8,19-22).
Jetzt, bei der Geburt des Herrn, dürfen auch die Tiere bei ihm sein, und wenn die Kinder Gottes offenbar werden, dann hat auch ihr Leiden ein Ende! Jetzt, an Weihnachten, wenn der Retter der Welt kommt, um uns durch die Gnade der Erlösung zu Kindern Gottes zu machen, dann wird auch die unvernünftige Schöpfung in Zukunft den ihr zugewiesenen Platz einnehmen können, ohne noch der Versklavung zu unterliegen; auch sie besingt durch ihr Dasein das Lob des Herrn und wird zur Brücke der Erkenntnis Gottes!
Dann sprach Gott: Das Wasser wimmle von lebendigen Wesen und Vögel sollen über dem Land am Himmelsgewölbe dahinfliegen. Gott schuf alle Arten von großen Seetieren und anderen Lebewesen, von denen das Wasser wimmelt, und alle Arten von gefiederten Vögeln. Gott sah, daß es gut war. Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und vermehrt euch und bevölkert das Wasser im Meer und die Vögel sollen sich auf dem Land vermehren. Es wurde Abend und es wurde Morgen: fünfter Tag. Dann sprach Gott: Das Land bringe alle Arten von lebendigen Wesen hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Tieren des Feldes. So geschah es. Gott machte alle Arten von Tieren des Feldes, alle Arten von Vieh und alle Arten von Kriechtieren auf dem Erdboden. Gott sah, daß es gut war (Gen 1,20-25).
Die ursprüngliche Gutheit der Schöpfung, die durch den Sündenfall in Mitleidenschaft gezogen wurde, wartet darauf, daß wir als erlöste Menschen mit ihr in der Weisheit Gottes umgehen. Der tiefere Sinn einer christlich geprägten Ökologie tut sich hier auf. Es geht nicht nur darum, daß der Mensch in seiner Unvernunft seinen Lebensraum nicht zerstört, sondern daß die ursprüngliche Gutheit der Schöpfung Gottes sichtbar und erkennbar werden soll. Die Verschwisterung mit der Schöpfung, welche der heilige Franziskus uns im Sonnengesang hinterlassen hat, gibt uns eine Vorahnung davon!
Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden (2 Kor 5,17).
In diese neue Schöpfung ist alles einbezogen, was der Herr unter die Herrschaft des Menschen gestellt hat:
Dann sprach Gott: Laßt uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land (Gen 1,26).
So wird auch die Gegenwart der Tiere zu einer Botschaft. Der Erlöser ist gekommen, und alles soll neu werden durch ihn. Alles soll von ihm und durch ihn berührt werden und auf die jeweils ihm gegebene Weise in das Lob Gottes einstimmen!