112. Kleine Vaterbetrachtung
“Auch wenn eure Sünden widerwärtig wie Schlamm wären, werden euer Vertrauen und eure Liebe sie mich vergessen lassen, und ihr werdet nicht gerichtet werden! Ich bin gerecht, das ist wahr, doch die Liebe bezahlt alles.” (Botschaft von Gottvater an M. Eugenia Ravasio)
Hier spricht unser Vater von widerwärtigen Sünden, die wir uns selbst vielleicht schwer verzeihen können. Nicht selten kommt es vor, daß Menschen, wenn sie das Ausmaß ihrer Schuld erkennen, sich nicht vergeben können und in Verzweiflung geraten. Trotz der Vergebung Gottes kann so die Sünde noch weiter Schatten auf ihr Leben werfen und es blockieren.
In diese selbstzerstörerische Neigung hinein trifft die Einladung des Vaters, der ihr seine Liebe entgegensetzt. Er will uns die Freiheit und Würde zurückschenken, die wir durch die Sünde verletzt haben.
Hören wir gut zu: durch unser Vertrauen und unsere Liebe möchte Gott die begangenen Sünden vergessen. Er will nicht mehr an sie denken, wir sind frei! Jesus hat uns schon freigekauft (Kol 2,14), und nun geht es darum, daß sich diese Liebe unseres Vaters als Wirklichkeit in uns einsenkt und auch die Schatten der Sünde vertreibt.
Gott behält also unsere Sünden nicht im Gedächtnis, wohl aber jede kleine Geste der Liebe, jedes Aufschauen zu ihm, jeden Dank an ihn, jedes Vertrauen, das wir ihm zeigen. Durch die Vergebung der Sünden – mögen sie auch widerwärtig wie Schlamm sein – kann unsere Dankbarkeit sehr wachsen und wir preisen Gottes Großzügigkeit umso mehr.
Das macht auch das Herz für andere Menschen weit, auch wenn diese sich mit widerwärtigen Sünden beschmutzt haben sollten. Wenn sie bereit sind zur Umkehr und Gott ihre Schuld vergißt, wie könnten wir ihnen dann ihre Sünden vorhalten, sie ihnen erneut nachwerfen?
Üben wir da nicht Macht über sie aus? Das wäre doch ganz anders, als unser liebender Vater sich uns gegenüber verhält. Sind wir nicht gerufen Gott ähnlich zu werden?
Gott läßt sich in seiner Liebe nicht übertreffen, aber wir können ihm nacheifern!