1 Joh 3,11- 21
Meine Brüder! Das ist die Botschaft, die ihr von Anfang gehört habt. Wir sollen einander lieben und nicht wie Kain handeln, der von dem Bösen stammte und seinen Bruder erschlug. Warum hat er ihn erschlagen? Weil seine Taten böse waren, die Taten seines Bruders aber gerecht waren. Wundert euch nicht, meine Brüder, wenn euch die Welt haßt. Wir wissen, daß wir aus dem Tod ins Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben. Wer nicht liebt, bleibt im Tod. Jeder, der seinen Bruder haßt, ist ein Mörder, und ihr wißt: Kein Mörder hat ewiges Leben, das in ihm bleibt. Daran haben wir die Liebe erkannt, daß er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben. Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder verschließt, den er in Not sieht, wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben? Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit. Daran werden wir erkennen, daß wir aus der Wahrheit sind und werden unser Herz in seiner Gegenwart beruhigen. Denn wenn das Herz uns auch verurteilt – Gott ist größer als unser Herz, und er weiß alles. Liebe Brüder, wenn das Herz uns aber nicht verurteilt, haben wir gegenüber Gott Zuversicht!
Die Weisungen des Heiligen Johannes sind weiterhin unser Thema zu Beginn dieses Jahres 2023. Eindrücklich ruft er zur Bruderliebe auf und stellt uns vor Augen, daß »nicht lieben« bedeutet, auch nicht zu leben, denn – so drückt es Johannes aus – “Wer nicht liebt, bleibt im Tod”.
Das soll uns daran erinnern, daß Gott uns aus Liebe geschaffen und auch erlöst hat. Deshalb ist die Liebe der Grundton unserer Existenz. Von Gott her kommt die große Bejahung unseres Lebens.
Wir alle wissen, wie es ist, wenn unsere Existenz bejaht ist und wir uns geliebt fühlen: dann blühen wir auf; ist sie verneint, dann müssen wir ständig kämpfen und darauf achten, daß wir uns nicht in uns selbst verschließen und verhärten. Wichtig ist, daß wir uns auch selbst bejahen und annehmen. Dies können wir von der Liebe Gottes her lernen.
Leben entfaltet sich also in der Liebe, und auch das rechte geistliche Leben ist nur dann fruchtbar, wenn es sich in den Werken zeigt und jeden religiösen Egoismus überwindet. In dieser Liebe beginnen wir, den anderen Menschen als Person wahrzunehmen. Wir sollen »der Hüter unseres Bruders« (Gen 4,9) werden, indem sein Weg uns nicht gleichgültig ist. Ist er in materieller Not und wir können helfen, dann ist es die Liebe, die uns anfragt, die konkreten Schritte zu tun. Ist er in seelischer und geistiger Not und wir können sie lindern, dann sind wir angefragt, die Hilfe zu leisten, die wir zu geben vermögen. Immer aber können wir für andere Menschen beten und ihnen so im Herrn zu Hilfe eilen.
Diese Konkretisierung der Liebe ist für den Apostel das Erkennungskriterium, ob wir aus der Wahrheit sind, und auch für uns ist es das. “Mit Wort und Zunge lieben” ist nicht genug, sondern es soll “in Tat und Wahrheit” geschehen.
Der Apostel spricht jedoch nicht nur von einzelnen Akten der Liebe, welche durch die Not anderer Menschen angefragt sind, sondern es ist eine grundsätzliche Haltung der Liebe, in die wir uns einzuüben haben. Deshalb wird uns das Beispiel des Herrn vor Augen geführt. Er gab sein Leben für die Brüder, d.h. daß auch wir gerufen sind, unser Leben grundsätzlich in den Dienst für Gott und die Menschen zu stellen.
Weiterhin warnt uns der Apostel vor jeder Illusion: “Wundert euch nicht, meine Brüder, wenn euch die Welt haßt”. Und wir könnten hinzufügen: denn ihre Taten sind oft böse. Gerade weil die Bruderliebe verletzt wird, erkaltet die Liebe immer mehr und der Tod greift um sich. Das wird sehr konkret sichtbar, wenn wir z.B. an das furchtbare Geschehen der Abtreibung denken und alle Formen der Verletzung des Lebens. Der Haß der Welt kommt uns auch dann entgegen, wenn wir durch unser Zeugnis daran erinnern, daß ein Leben nach den Geboten für alle Menschen gültig ist, und daß der Grund für die häufig anzutreffende Kälte in der Welt gerade in der Abkehr von Gott liegt.
Unbeirrt durch unsere egoistischen Sperren, die mit der Kraft Gottes überwunden werden müssen, und unbeirrt von einem nicht seltenen Unverständnis der Welt gegenüber der wahren Liebe, das sogar in Feindschaft umschlagen kann, ist unser authentisches Zeugnis angefragt. In der wahren Bruderliebe bezeugen wir den Herrn nach außen, und so können wir gegenüber Gott feste Zuversicht haben“und werden unser Herz in seiner Gegenwart beruhigen”.