Wie wir gestern betrachtet haben, geht es bei der Askese darum, daß wir für den Willen Gottes gefügiger werden und uns nicht von den Neigungen unserer gefallenen Natur beherrschen lassen. Sie ist also ein Mittel, eine notwendige Anstrengung, welche in ein Ziel eingebunden ist, nämlich von unserer Seite aus die Disposition zu verbessern, uns mit dem Willen Gottes vereinigen zu können. Von diesem Blickwinkel aus bekommen die asketischen Übungen und die Askese ihren tieferen Sinn und ihre Würde.
Der Heilige Paulus sagt: „Wisst ihr nicht, daß die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber daß nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, daß ihr ihn gewinnt. Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen. Darum laufe ich nicht wie einer, der ziellos läuft, und kämpfe mit der Faust nicht wie einer, der in die Luft schlägt; vielmehr züchtige und unterwerfe ich meinen Leib, damit ich nicht anderen predige und selbst verworfen werde.“ (1 Kor 9, 24-27)
Wir kennen das ja sehr gut aus dem Sport, was Paulus hier anspricht: die Disziplin und Anstregung der Sportler; der Verzicht, den sie leisten, um ein irdisches Ziel zu erreichen.
Unser Ziel ist ein anderes: aus Liebe zu Gott alles auf ihn zu konzentrieren und den Kampf gegen all das aufzunehmen, was dem hinderlich ist. Wenn uns das vor Augen steht und der Geist des Herrn uns immer wieder daran erinnert, dann laufen wir nicht ziellos umher und kämpfen irgendwie und irgendwo, sondern wir wissen, was wir zu tun haben.
In diesem Zusammenhang ein Wort an die „Balta-Lelija-Krieger“: Jeder geistliche Widerstand gegen antichristliche Mächte wird in einem Zusammenwirken der Himmlischen Kirche mit uns vollzogen (das Lamm und sein Heer!) In der Heiligen Offenbarung heißt es: „Sie werden mit dem Lamm Krieg führen, aber das Lamm wird sie besiegen. Denn es ist der Herr der Herren und der König der Könige. Bei ihm sind die Berufenen, Auserwählten und Treuen.“ (Apk 17,14).
Die asketische Übung, den Leib in Zucht zu nehmen und sich nicht seinen ungeordneten Neigungen zu überlassen, ist eine Notwendigkeit, um die geistliche Wachheit zu fördern und die Bereitschaft zu festigen, auf den Willen Gottes einzugehen und so unserem Herrn sagen zu können: Hier sind wir! Was sollen wir tun?
Ich erinnere an zwei Betrachtungen, die ich am 6. und 7. Februar 2019 gehalten habe. Bei ihnen ging es um den geistlichen Kampf und die Askese. Dabei ging ich besonders auf die Bemühungen um die Keuschheit und auf die Tugend der Mäßigkeit ein.
Wir alle wissen, wie gerade die Keuschheit angegriffen wird und der Geist der Unzucht viele Menschen versucht. Selbst in katholischen Kreisen – Gott sei es geklagt – wird die Keuschheit nicht immer gefördert. Leider kann es sogar dazu kommen, daß man die Sünden gegen die Keuschheit relativiert.
In der Betrachtung vom 6. Februar 2019 schrieb ich: „Da ist die auffälligste und weitverbreitete Versuchung, mit dem Sexualtrieb nicht in der Weise umzugehen, wie es von Gott gedacht und von der Kirche gelehrt wird. Er ist ein mächtiger Antrieb, und nicht wenige Menschen stehen unter seinem dominanten Einfluß und die Sünden des Fleisches in dieser Hinsicht sind unzählig! Zwar kann man bejahen, daß die Sünden gegen die Keuschheit oft eher Sünden der Schwachheit sind und nicht – wie der Stolz – direkt mit dem Willen verbunden sind. Letztere verschließen das Herz tiefer! Doch sind die Auswirkungen der ungeordneten Sexualität verheerend.“
Hier gilt es ehrlich den Kampf aufzunehmen und sich auf keinerlei Kompromisse einzulassen. Bei der Sexualität geht es ja nicht nur, wie beim unmäßigen Essen und Trinken, um eine Mäßigung der sinnlichen Sphäre, sondern um die Vermeidung der Sünde. Jede sexuelle Tätigkeit außerhalb der Ehe trennt von Gott und macht es der Gnade nicht möglich, in den Menschen einzudringen. Es ist daher unverantwortlich, diesen Bereich zu relativieren. Wie soll man in den Kampf treten, wenn man denkt, daß die ungeordnete Sexualität ja gar nicht so schlimm ist und man sich infolgedessen nicht mehr an der Wahrheit der Heiligen Schrift und der kirchlichen Lehre orientiert? So wird deutlich, daß sich jede Abschwächung der wahren Lehre oder die Praxis, die wahre Lehre in den Hintergrund treten zu lassen, auf das Streben nach Heiligkeit auswirken. Der Mensch wird geschwächt, verliert die Klarsicht und gerät in einen Nebel.
Etwas anderes ist es, wenn man aufrichtig um die Keuschheit kämpft und immer wieder Niederlagen erleidet. Da kommt uns die Barmherzigkeit Gottes mit ihrer lichten Schönheit entgegen. Die Ehebrecherin im biblischen Bericht (Joh 8,3-11) umfängt der Herr in seiner Barmherzigkeit. Doch mahnt er die Frau am Ende: Geh und sündige von jetzt an nicht mehr! (Joh 8,11b)
Hier begegnet uns die Liebe, die auf der Wahrheit gegründet ist und somit die wahrhaftige Barmherzigkeit. Alles andere führt in die Täuschung!
Sehr wichtig ist das Erstreben der Tugend der Mäßigkeit (das rechte Maß), um dauerhaft zu lernen, mit den ungeordneten Neigungen umzugehen und sie mit den Mitteln der Askese zu zügeln.
Die Tugend der Mäßigkeit wird zu einem inneren Wächter, die guten Gaben Gottes richtig zu gebrauchen, damit sie nicht das Leben des Geistes beeinträchtigen. Das geht jedoch nicht ohne Verzicht, was im biblischen Text als Abtötung bezeichnet wird.
Mit der Mäßigkeit verbinden sich weitere Tugenden wie: Nüchternheit, Keuschheit, Enthaltsamkeit, Bescheidenheit. Schauen wir jede einzelne Tugend an, dann sehen wir ihre innere Verwandtschaft, denn all diese Tugenden stehen im selben Dienst: das Leben des Geistes zu schützen und zu fördern und so in der Liebe zu wachsen.
Es kommt noch ein Punkt hinzu. Wenn wir z.B. die Tugend der Mäßigung praktizieren, die ja durch die Anwendung unseres Willens geschieht, dann weisen wir nicht nur das unmäßige Verhalten zurück, vermeiden also ernste Gefahren, sondern diese Tugend wirkt heilend auf die Unruhe unseres sinnlichen Begehrungsvermögens ein und führt dann auf Dauer zur Mäßigung.
Die Askese bezieht sich natürlich nicht nur auf die sinnliche Sphäre, der wir uns zunächst zugewandt haben, weil wir es jeden Tag mit ihr zu tun haben. Sie bezieht sich z.B. auch auf mehr geistige Güter, über die wir dann morgen sprechen werden.