Die Apostelgeschichte: »Paulus, gebunden durch den Geist«

Nach den drei Einschüben, die sich mit der aktuellen Krise der Mission in der Kirche beschäftigten und die wir im Licht des Zeugnisses der Apostel betrachteten, wenden wir uns nun den letzten Kapiteln der Apostelgeschichte zu. Ich werde das vorherige Muster der Auslegungen etwas verlassen, denn die folgenden Kapitel sprechen für sich. Ich kann jedem nur empfehlen, sich die Zeit zu nehmen, sie selbst zu lesen. Sie sind sehr reich, da sie erzählen, wie die Missionsreisen weitergingen und was dort alles geschah. Ich werde mich in einigen weiteren Betrachtungen darauf beschränken, die Ereignisse zusammenzufassen und dabei das ein oder andere Geschehen hervorzuheben.

Nachdem Paulus von Athen abgereist war, verbrachte er auch in Korinth eine sehr fruchtbare Zeit (Apg 18). Dort sagte ihm der Herr in einer Vision zu: “Fürchte dich nicht! Rede nur, schweige nicht! Denn ich bin mit dir, niemand wird dir etwas antun (Apg 19,9-10). Er blieb eineinhalb Jahre in Korinth (Apg 19,11). Als Paulus seine Missionsreise fortsetzte, kam er erneut nach Ephesus und blieb dort für zwei Jahre (Apg 19,10). Wegen des anhaltenden Widerstands der Juden predigte er nicht mehr in den Synagogen, sondern es stand ihm eine andere Räumlichkeit zur Verfügung (Apg 19,9). Viele Menschen, die sich mit Zauberei beschäftigt hatten, bekehrten sich zum Herrn und verbrannten öffentlich ihre Bücher (Apg 19,19). Paulus bekam es dann mit dem Aufruhr des Silberschmiedes Demetrius zu tun, der um sein Geschäft fürchtete und seine Mitarbeiter gegen ihn aufhetzte. Diese stellten nämlich silberne Artemistempel her (Apg 19,24-28). Aber in diesem Fall schützte die örtliche Autorität Paulus und seine Gefährten (Apg 19,35-40). Paulus setzte seine Reise fort, ging noch einmal nach Mazedonien und blieb mehrere Monate in Griechenland (Apg 20,1-3). Am Abend vor seiner Abreise wollte er sich in Troas verabschieden. Dort geschah es, daß er einen jungen Mann vom Tode erweckte, der bei einer langen Predigt des Apostels eingeschlafen und aus dem offenen Fenster gefallen war (Apg 20,9-12). Paulus und seine Begleiter segelten weiter nach Milet. Dort hielt er eine bewegende Abschiedsrede, in die wir kurz hineinhören wollen.  Durch seine Worte wird auch klar, warum er nach Jerusalem aufbrechen wollte. “Ich habe vor Juden und Griechen Zeugnis abgelegt für die Umkehr zu Gott und den Glauben an Jesus, unseren Herrn. Und siehe, nun ziehe ich, gebunden durch den Geist, nach Jerusalem und ich weiß nicht, was dort mit mir geschehen wird. Jedoch bezeugt mir der Heilige Geist von Stadt zu Stadt, daß Fesseln und Drangsale auf mich warten. Aber ich will mit keinem Wort mein Leben wichtig nehmen, wenn ich nur meinen Lauf vollende und den Dienst erfülle, der mir von Jesus, dem Herrn, übertragen wurde: das Evangelium von der Gnade Gottes zu bezeugen” (Apg 20,21-24) Hier können wir einen Blick in die Seele des Apostels werfen. Er ist ein »vom Herrn Gebundener«. An einer anderen Stelle bezeugt er, daß ein Zwang auf ihm liegt (1 Kor 9,16). Es ist der Zwang der Liebe, “das Evangelium von der Gnade Gottes zu bezeugen”. Alles ist diesem Ziel unterstellt. Er weiß, daß er die Gemeinde in Milet nicht wiedersehen wird und weist sie auf die ihnen bevorstehenden Gefahren hin: “Ich weiß: Nach meinem Weggang werden reißende Wölfe bei euch eindringen und die Herde nicht schonen. Und selbst aus eurer Mitte werden Männer auftreten, die mit ihren falschen Reden die Jünger auf ihre Seite ziehen. Seid also wachsam und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört habe, unter Tränen jeden Einzelnen zu ermahnen” (Apg 20,29-31). Seine Reise ging dann über Cäsarea nach Jerusalem. In Cäsarea wollte man ihn abhalten, nach Jerusalem weiterzuziehen, weil durch einen Propheten gesagt wurde, er werde dort gefesselt und an die Heiden ausgeliefert (Apg 21,10-14), aber Paulus ließ sich davon nicht abhalten. Wie sein Herr wollte er den Willen Gottes erfüllen, auch wenn Gefahr und Tod drohten. In Jerusalem angekommen, wurde er von den Ältesten willkommen geheißen (Apg 21,17-18). Es dauerte indes nicht lange, bis seine Ankunft unter den feindseligen Juden bekannt wurde. Als sie ihn sahen, wollten sie ihn töten (Apg 21,27-31). Doch die römische Besatzungsmacht konnte es gerade noch verhindern und nahm Paulus in Haft (V. 32). Es wurde ihm jedoch erlaubt, zuvor zu der aufgebrachten Menge zu sprechen. (Apg 21,39-40). Paulus erzählte seine Bekehrungsgeschichte und bezeugte, daß er vom Herrn beauftragt sei, den Heiden das Evangelium zu verkünden. Als die Rede darauf kam, fingen sie an zu schreien: “Weg vom Erdboden mit so einem Menschen! Er darf nicht am Leben bleiben” (Apg 22,22). Am nächsten Tag ließ der Oberst die Hohenpriester und den ganzen Hohen Rat rufen, um genau zu wissen, was man Paulus vorwarf. Dieser aber rechtfertigte sich und sprach von der Auferstehung der Toten, wissend, daß dies ein Streitpunkt zwischen den Pharisäern und den Sadduzäern war, die dann auch tatsächlich miteinander in Streit gerieten. Der Oberst, der befürchtete, sie könnten Paulus zerreißen, ließ ihn durch die Wachtruppe abführen. Inzwischen hatten sich mehr als vierzig Juden zusammengeschlossen und geschworen, Paulus töten zu wollen. Der Oberst erfuhr von diesem geplanten Verbrechen und brachte Paulus unter starker Bewachung nach Cäsarea zu dem dortigen Statthalter Felix (Apg 23,23-24).

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