Fest Kreuzerhöhung
Joh 3,13-17
Und niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist: der Menschensohn. Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat.
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
In diesen wenigen Worten ist die Botschaft des Evangeliums auf das Wesentliche zusammengefaßt. Gott Vater gebührt alle Ehre und in gleicher Weise seinem geliebten Sohn, der gekommen ist, seinen Vater zu verherrlichen und die Menschen zu erlösen.
Bei der Betrachtung des Kreuzes unseres Herrn sollten wir mit Jesus zuerst auf die Liebe des himmlischen Vaters schauen. Von ihm geht alles aus, und unser Herr Jesus will, daß wir dies verinnerlichen. Jesus hat die Liebe des Vaters bewegt, zu uns zu kommen, und er hat im Auftrag seiner Liebe gehandelt.
Der Beweggrund unseres Vaters ist eindeutig ausgesprochen: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab“. Damit schauen wir tief in das Herz unseres Vaters.
Die Welt ist häufig nicht der Ort, an dem Gott die ihm zustehende Verehrung und der liebende Gehorsam geschenkt wird, sondern oft genug der Ort der Gottesabkehr, der Sünde und der Auflehnung. Gott sendet also seinen Sohn in eine ihm feindlich gesinnte Welt und verwirklicht damit selbst, was Jesus uns über die Feindesliebe in der Bergpredigt sagt (vgl. Lk 6,27).
Gott schaut den Menschen auf eine besondere Weise an. Er schaut auf ihn wie auf sein verlorenes Schaf, welches sich verirrt hat. Er möchte es vor der ewigen Verdammnis retten. Ohne die Häßlichkeit und Abscheulichkeit der Sünde zu übergehen, und im Leiden seines Sohnes die Sünde sogar auf sich nehmend, ist seine Liebe immer auf das Heil des Menschen ausgerichtet. Es ist, wie wenn man einen Aussätzigen küsst, der seiner äußeren Erscheinung nach abstoßend und erschreckend ist, wo die Liebe aber alles überwindet und zu dieser großen Geste der Zuneigung führt.
So küßt uns die Liebe Gottes, indem der Heilige Gottes, Gottes Sohn selbst, zu uns von der Sünde aussätzig gewordenen Menschen kommt. Die Schuld des Menschen wird vergeben und der Heilige Geist reinigt nun unseren Aussatz in der Tiefe, eine Folge der Sünde, die uns entstellt hat.
Wenn wir das Kreuz vom Aspekt der Liebe Gottes her betrachten, bleibt es dennoch ein furchtbares Geschehen, daß der Mensch in seiner Blindheit in der Lage ist, Gott selbst in seinem Sohn zu verurteilen und zu töten. Doch wird der Akt der Bosheit weit davon überstrahlt, daß der Herr mit seinem freiwilligen Tod der Menschheit die Rettung anbietet. Der Akt der Liebe überstrahlt den Akt des Hasses, der am Kreuzesgeschehen sichtbar wird.
Der Heilswille Gottes überstrahlt immer alles, was die Bosheit des Teufels und seinen verblendeten Helfern an Unheil ersinnen und ausführen mag. Das Kreuz wird so zum Zeichen des Triumphes der Liebe. Deshalb soll es auch überall in der Welt sichtbar aufgerichtet werden: als ein Zeichen, daß Gottes Liebe siegen wird. Es wird nur dann zu einer Art Bedrohung, wenn nicht Liebe und Wahrheit als höchste Güter angestrebt werden, sondern Herrschaft für sich selbst.
Die Kirche muß ihrem Auftrag treu bleiben, Jesus als den Retter der Welt zu verkünden. Es ist eine Ehre und heilige Verpflichtung für sie. Nie darf das eingetrübt sein durch weltliche Spekulationen, theologische Absurditäten, durch Menschenfurcht oder Irrtümer. Gerade im Kreuz leuchtet Gottes Weisheit so stark auf, daß Paulus nur noch den Gekreuzigten verkünden wollte (vgl. 1 Kor 1,18).
Und tatsächlich: Das Kreuz ist der nie zu übertreffende Sieg der Liebe Gottes über die Finsternis der Sünde. So bleibt uns, Gott in aller Ehrfurcht und Liebe aus ganzem Herzen zu danken, ihn anzubeten und ihm zu dienen.