495. Kleine Vaterbetrachtung
“Höre o Tochter, sieh her und neige dein Ohr, vergiß dein Volk und dein Vaterhaus! Er ist ja dein Herr, verneig dich vor ihm.” (Ps 45,11-12a)
Dieser Psalmvers entfaltet dann seine übernatürliche und sublime Schönheit, wenn wir ihn als Ruf unseres Vaters verstehen, ihm ganz nachzufolgen und in seinen Dienst einzutreten. Diese dem Psalmwort innewohnende Schönheit wird dann verständlicher, wenn wir an eine geistliche Berufung denken, z.B. in einem kontemplativen Kloster.
Eine solche oder eine andere ähnliche Berufung ist ein besonderer Schatz. Im Vaterbüchlein bezeichnet unser Vater die Ordensleute als »Kinder seiner Liebe« und sie sind es, denn sie verlassen um der größeren Liebe willen das, was ihnen vorher im Leben wertvoll war: ihr Volk und Vaterhaus und manch anderes.
Nur von der Liebe des Vaters her, aus der dieser Ruf stammt, wird man verstehen können, was zwischen unserem Vater und einem solchen Menschen geschieht. Er hat den “Schatz im Acker” gefunden, den unvergleichlichen! Und um ihn zu erwerben verkauft er alles andere (Mt 13,44).
Dieser Schatz liegt sozusagen im »Innenraum des Willens Gottes« und ist nur durch die Liebe zu entdecken.
Es ist eine Berührung mit dem inneren Feuer Gottes, mit seinem Verlangen nach dem Menschen, seiner Sehnsucht nach ihm; eine Berührung mit jenem Feuer, von dem Jesus spricht und von dem er wollte, es würde schon brennen (Lk 12,49). Dieses Feuer – der Heilige Geist – beginnt in den Berufenen zu lodern; und sie geben sich, ohne zurückzuschauen. Das Verlangen des Königs (Ps 45,12) ist zum alleinigen Maßstab geworden.
Und unser Vater? Er wird einen Menschen, der einer solchen Berufung folgt, in die Geheimnisse seines göttlichen Gemaches führen und ihn auf göttliche Weise lieben.
So ist unser Vater!