“Der Herr baut Jerusalem wieder auf, er sammelt die Versprengten Israels” (Ps 147,2).
Diese Verheißung aus dem Psalm 147 bezieht sich nicht nur auf die geschichtlich-sichtbare Wirklichkeit der Heiligen Stadt, sondern wir können es – wie es dem Wort Gottes zu eigen ist – auch in einer geistlichen Dimension deuten. Schauen wir auf Jerusalem, die geliebte Stadt unseres Vaters. Wie oft wurde sie zerstört! Und nachdem der Sohn Gottes kam und ihre Bewohner nicht unter seinen Flügeln sammeln konnte (vgl. Lk 13,34), weil sie die Stunde der Gnade nicht erkannten (vgl. Lk 19,44), mußten sie erneut Zerstörung, Vernichtung und Vertreibung erleben. Sogar der Tempel wurde zerstört.
Nehmen wir nun Jerusalem, die Stadt des Herrn, als die Seele des Menschen, in der unser Vater seinen Tempel errichten möchte. Wie oft zerstören wir Menschen durch Sünde und Abkehr von Gott die heilige Stadt, die der Herr durch seine Gnade in jedem von uns errichten möchte! Wie oft lassen wir Feinde eindringen, welche die Schätze rauben, die Kräfte der Seele gefangennehmen und den Tempel zerstören wollen! Wie oft überhören wir die inneren Mahnungen des Herrn und achten nicht auf seine Warnungen!
Doch wie oft baut unser Vater unser inneres Jerusalem wieder auf! Er ruft die Seele aus der Verbannung und Zerstörung zurück, befreit sie aus der Schlinge des Jägers, aus den Täuschungen, die sie verwirrt haben. Er vergibt die Sünden, die sie bedrücken und von ihm entfernen, und befreit sie von ihren Götzen.
Mit wie viel unendlicher Mühe läßt der Vater uns verstehen, daß es seine Liebe ist, die unsere Herzen heilt und unsere Wunden verbindet (Ps 147,3)! Und wie zärtlich verkündet Gott im Vaterbüchlein auf vielerlei Weise seine Liebe, um das Eis um unsere Herzen aufzuschmelzen.
Nein, unser Vater gibt uns nicht auf! Selbst wenn wir uns schon aufgegeben und »unser Jerusalem« den Feinden überlassen haben. Es ist seine Heilige Stadt, in der sein Sohn für alle Menschen sein Leben gegeben hat. Unser Vater wird mit nie endender Liebe um sie werben, bis die Versprengten in ihre Heimat zurückkehren!