DER ABGRUND DER LIEBE

118. Kleine Vaterbetrachtung

“Meine Kinder, ich bin der Urquell aller Gnaden und aller Wohltaten; aber mehr noch als dies, bin ich ein Abgrund von Liebe. Habt Ihr den unendlichen Ozean meiner Barmherzigkeit betrachtet? Kommt her, schaut und versenkt euch in die Grenzenlosigkeit meiner Liebe!” (Botschaft von Gottvater an Madre Eugenia)

Immer wieder lädt der Vater ein, sich in seine Liebe zu versenken. Alle Mystiker sprechen davon und sehnen sich danach, von dieser Liebe erfaßt und umgestaltet zu werden.

Die Liebe ist auch die größte unter den theologischen Tugenden (1 Kor 13,13), und der Heilige Paulus stellt uns sehr deutlich vor Augen, daß selbst charismatische Gaben verblassen, wenn die Liebe nicht im Menschen wohnt (1 Kor 13,8).

Es geht also um die Liebe, die wir in der ganzen Fülle nur in Gott erfahren und in dem Maß aufnehmen können, wie unser Herz dafür bereit ist. Gewiß wächst unsere Liebesfähigkeit, wenn wir Taten der Liebe vollbringen; diese sollten eifrig geübt werden!

Doch in dem heutigen Wort geht es darum, die Liebe zunächst noch viel tiefer kennenzulernen, sie zu entdecken, uns in ihr zu beheimaten. Das bietet uns der Vater an.

Der Blick richtet sich zunächst auf die Barmherzigkeit Gottes. Sind wir der Barmherzigkeit unseres himmlischen Vaters gewiß, daß wir mit allem – auch mit unseren Schatten – zu ihm kommen dürfen, dann können wir uns in die Grenzenlosigkeit seiner Liebe versenken. Dann ist jenes Vertrauen gewachsen, welches unsererseits die Voraussetzung dafür ist, uns ganz auf den Herrn einlassen zu können.

Jetzt gilt es den Abgrund seiner Liebe kennenzulernen. Wir brauchen uns nicht mehr abzusichern, es gibt keine Vorbehalte und Bedingungen mehr. Nein, wir können uns einfach nur Gott überlassen und werden immer und überall nur seiner Liebe begegnen.

Diese Liebe schmilzt alles in uns auf. Sie ist ein geistiges Feuer, das brennt, wärmt und erleuchtet, aber uns nicht verbrennt! Es ist der Heilige Geist, dem wir begegnen, der Liebe zwischen dem Vater und Sohn. Nie will man wieder aus dem Abgrund dieser Liebe emporsteigen, wenn man ihm einmal begegnet ist. Für immer möchte man dort verweilen, denn da ist unser Herr!

Noch sind wir aber auf der Erde und haben unseren Dienst als Kinder des Ewigen Vaters zu erfüllen, damit auch andere Menschen den kennenlernen, der sie mit ewiger Liebe umgibt. So kann es uns wie dem Heiligen Paulus ergehen, der eigentlich schon gerne in die Ewige Heimat aufgebrochen wäre, aber um jener willen, die ihm anvertraut waren, noch eine Weile auf der Erde bleiben wollte (Phil 1,23-25).