Vom heiligen Joseph ist in der Heiligen Schrift kein Wort überliefert, und doch erkennen wir ihn an seinen Taten als einen rechtgläubigen Mann! Besonders auffällig ist, wie er sofort den Anweisungen, die er im Traum erhalten hatte, gefolgt ist! Wir können aus dem Wenigen, was wir kennen, den Schluß ziehen, daß er ein schweigsamer Mann war, der aus diesem Schweigen heraus handelte! Wir finden es häufiger, daß schweigsame Männer, was nicht mit Stummheit verwechselt werden sollte, tatkräftig sind!
Von Maria sind uns mehr Worte geschenkt, die vor allem im Magnificat Eingang in die kirchliche Liturgie gefunden haben, und natürlich ihre wunderbare Antwort auf die Botschaft des Engels!
Aber auch bei ihr finden wir eine schweigende Grundhaltung! Die Erklärung des Engels, daß der Heilige Geist über sie kommen werde reicht ihr! Die Botschaft geht nicht über in ein längeres Gespräch, sondern Maria nimmt die Botschaft auf und wird sie in ihrem Herzen bewegt haben, wie dies an anderen Stellen der Heiligen Schrift gesagt wird!
Gerade dieser Ausdruck, daß die Worte im Herzen bewegt werden, zeugt von einer schweigenden Grundhaltung im Leben der Jungfrau. Die Worte kommen nicht so schnell auf die Lippen, sondern sie werden innerlich erwogen und geprüft! Stattdessen verläßt ein überlegtes Wort den Mund, welches aufbaut, klärt und nicht einfach nur eine spontane Reaktion darstellt! Jede Art von Geschwätzigkeit ist bei der Mutter des Herrn undenkbar!
Das rechte Schweigen kann uns in die Tiefe des Seins führen, dorthin, wo die Gottesmutter die Botschaft des Engels aufnehmen konnte und wo auch das innerste Gespräch zwischen dem Herrn und uns stattfindet!
Wir begegnen dem Schweigen Mariens beim Leiden ihres Sohnes! Sie ist zugegen, aber es sind keine Worte von ihr bekannt! Sie erträgt und trägt all dies in sich, denn wie die Kirche uns lehrt, hat sie ihr Ja zu diesem Leid gegeben! Das Leid ihres Sohnes mitzutragen und das Leid, das ihr selbst daraus erwächst, durch ihre Zustimmung in den Weg der Erlösung einzufügen, ist eine große Tat! Das vermögen nur Menschen, welche die Gnade Gottes ganz aufnehmen und in ihr leben, wie die Mutter des Herrn!
Aus dem Schweigen wachsen so die großen Taten, wenn dieses Schweigen die Einkehr in Gott bedeutet und die innere Überwindung all der verschiedenen Reaktionen in uns, welche aus unserer menschlichen Natur kommen und noch nicht durch den Einfluss des Heiligen Geistes geformt und umgewandelt sind!
So sind die großen Taten nicht immer die Werke, welche nach außen sichtbar werden, sondern sie können ihren Wert ganz im Verborgenen haben, wie auch der Herr sagt, daß man den Lohn der guten Taten nicht von den Menschen erwarten soll! Wieviel unermeßliches Leid der Herr und seine Mutter im Verborgenen, im Schweigen ertragen haben, können wir uns sicher nicht einmal annähernd vorstellen! Denken wir an das Schweigen des Herrn auf dem Kreuzweg …
Doch kennen wir auch das Tun Mariens nach außen, ihre Hilfe für die schwangere Elisabeth, ihre Mutterschaft in Nazareth, die Durchdringung ihrer täglichen Verrichtungen im Geist des Herrn, ihre Fürbitte für die Hochzeitsgäste in Kana: ein Handeln in Gott und aus der Mitte des inneren Seins, welches im Schweigen sehr viel leichter erschlossen wird!
In der Schule Mariens werden wir lernen, mehr aus dem Schweigen als einer kontemplativen Grundhaltung auf Gott zu hören und zu handeln, denn dann werden auch die Werke stärker vom Lichte Gottes durchdrungen sein!