Joh 1,1.5.9-14
Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.
Diese heiligen Worte werden im Tridentinischen Ritus immer am Ende der Zelebration mit einer Kniebeuge bei den Worten: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, verlesen.
Immer soll an das Wunderbare des Kommens des Herrn erinnert werden, wie sich Gottes Liebe uns zugeneigt hat. Wir können dieses Geheimnis, welches die Engel verkünden, niemals genug preisen, und werden es erst in der Ewigkeit mehr verstehen. Aber wir können jetzt schon den Willen Gottes anbeten und ihm für diese Liebe danken, auch wenn wir jetzt – wie es der heilige Paulus sagt – nur durch einen dunklen Spiegel schauen (vgl. 1 Kor 13,12).
Mit dieser Botschaft kommt jedoch auch der Schmerz, daß das Licht Gottes, das jeden Menschen erleuchtet, von den Menschen nicht aufgenommen wird und der Sohn Gottes Ablehnung und Verfolgung erleiden muß. Dieser Schmerz kann uns ein zusätzlicher Antrieb werden, den Menschen zu verkünden, wie sie das Licht, welches für alle da ist, auch empfangen können. Wir wissen es: Durch eine wahrhaftige Begegnung mit dem Sohn Gottes, der sucht, was verloren ist, und durch eine wahrhaftige Umkehr!
Der Text spricht davon, daß alle, die ihn aufnahmen, aus Gott geboren sind. Im sakramentalen Bereich ist hier sicher die heilige Taufe gemeint, welche uns die Erlösungsgnade Christi zuspricht; deshalb besteht der Taufauftrag des Herrn. Dazu gehört es auch, die Taufgnade aufzunehmen und somit fähig zu werden, als Kinder Gottes zu leben.
Ein aus Gott geborenes Leben zu führen beinhaltet, aus dem Heiligen Geist zu leben, denn er ist ausgegossen in unsere Herzen und erinnert uns an das, was Jesus gesagt und getan hat. Dieses von Gott geschenkte Leben braucht beständig geistliche Nahrung, damit es nicht nur am Leben erhalten wird, sondern sich entfaltet und uns eine Sicht und Handlungsweise schenkt, die vom wahren Licht – Jesus Christus – erleuchtet ist.
Auch wenn die Menschen den Herrn noch nicht kennen, können sie von diesem Licht berührt werden. Alles, was man bei ihnen an Gutem und an wahrer Erkenntnis entdecken kann – besonders in manchen Religionen – kommt von Gott und ist darauf ausgerichtet, der Fülle des Lichtes zu begegnen. In einem Interview in diesen Tagen drückt Kardinal Müller dies so aus:
„Vom christlichen Standpunkt her wissen wir, daß Gott die Menschen zu ihrem Heil hinführt und ihnen viele Wohltaten erwiesen (Apg 14,17) und darin seine „ewige Macht und Gottheit“ kundgetan hat (Röm 1,20). Auch wenn sie vor Christus noch in Unwissenheit waren und doch nach Gottes Willen Ihn suchten (Apg 17,27) haben sie, wo immer sie eine höhere Macht suchten und verehrten, unbekannter Weise den wahren Gott implizit und intentionaliter verehrt (Apg 17,23).
Was immer in den Religionen der Menschheit und dem Suchen nach Wahrheit und Heil an Wahrem, Guten und Schönen sich findet, entstammt dem universalen Heilswillen Gottes, unseres Retters, der will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Dies verwirklicht Gott geschichtlich durch den einzigen Mittler zwischen dem einen Gott und allen Menschen: der Mensch Christus Jesus (1 Tim 2,4f).“
Will man also den Menschen das Zeugnis vom wahren Licht geben, welches schon in ihrer Suche nach Gott aufleuchtet, dann gilt es zu helfen – wie es die Kirche schon immer verstanden hat -, daß auch in ihrer Suche nach Gott Licht und Finsternis getrennt werden. Die Anerkennung guter Erkenntnisse impliziert die Reinigung von Irrtümern, so wie der Heilige Geist auch in unserer Seele sein Licht verbreitet, uns lehrt, dem wahren Licht zu folgen und sich auf diesem Weg von den Sünden, Irrtümern und Fehlhaltungen zu lösen. Wenn dies nicht geschieht, dann findet in der Seele kein Reinigunsprozeß statt und das von Gott geschenkte Licht durchdringt nicht unser Leben und bleibt wie unter einer großen Decke.
Man kann dies vielleicht mit der Erkenntnis der jüdischen Gläubigen vergleichen, die einerseits durch die Offenbarung Gottes vieles empfangen haben und alles, was sie davon verwirklichen, sicher dem Willen Gottes positiv entspricht, aber doch noch nicht zum wahren Licht gelangt sind, nämlich zur Erkenntnis der Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. Ihnen die Verkündigung des Sohnes bewußt vorzuenthalten, würde bedeuten, daß wir von unserer Seite aus den brennenden Wunsch Gottes auszulöschen versuchen, daß gerade sein ersterwähltes Volk zur Fülle des Lichts gelangen und seinen Messias erkennen soll.
Wenn wir die Moslems anschauen, dann sehen wir soger die Leugnung der Trinität, der Inkarnation, der Gottessohnschaft Christi und der Erlösung der Menschheit durch ihn von der Sünde. Gott kann nicht wollen, daß diese schweren Irrtümer weiter bestehen bleiben und die Menschen so nicht zum wahren Licht gelangen. Man kann hier Kardinal Müller zustimmen, der sagt: „Zu behaupten, daß alle Religionen nur von Gott gewollte unterschiedliche Ausdrucksformen seiner Verehrung seien (auch im gegensätzlichen Sprachgewand ihrer Bekenner) hieße, den logischen Widerspruch in Gott hineintragen und so aller Logik und dem Dialog der Religionen den Boden zu entziehen. Diese Behauptung steht auch formal und inhaltlich im diametralen Gegensatz zum katholischen Glauben.“
Möge der Herr uns helfen, in diesem begonnen Jahr würdige Träger seines Lichtes zu sein und die „Macht der Kinder Gottes“ über das Herz unseres Vaters so anzuwenden, daß wir um viele wahre Bekehrungen zu Gott bitten und daß jene, die schon vom Lichte Gottes berührt worden sind, zur Fülle des Lichtes gelangen.