“Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!” (Mt 5,48)
Es ist die formende Liebe Gottes, über die wir gestern nachgedacht haben, die uns auf dem Weg der Heiligung begleitet, damit sich dieses große Wort Jesu verwirklichen kann, daß wir vollkommen sein sollen wie unser Vater im Himmel vollkommen ist.
Dieses so heere Wort des Herrn soll uns nicht etwa erschlagen oder entmutigen, auch wenn wir in seinem Licht unsere ganze Unwürdigkeit erkennen. Es erinnert uns auch daran, was wir stets vor dem Empfang der heiligen Kommunion aussprechen: “Herr, ich bin nicht würdig, daß Du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund”.
Wenn uns der Vater verstehen läßt, wie weit wir noch von der Vollkommenheit entfernt sind, ist dies ein großes Geschenk und kann zum Meilenstein für eine tiefere Umkehr werden. Nichts hindert uns mehr auf dem Weg zur Vollkommenheit, als wenn wir glauben, schon all jene Tugenden zu besitzen, die wir für erstrebenswert halten.
Der Herr ist es, der unsere Heiligung bewirkt mit unserer bereitwilligen Mitarbeit. Lassen wir die Liebe Gottes in unser Herz hinein, dann beginnt sie, ihre Herrschaft wie eine sanfte, aber doch durchsetzungsfähige Königin auszuüben. Das kann uns an die Milde Mariens erinnern, der man nichts abschlagen kann und will.
Es ist jenes Licht des Heiligen Geistes, das alle Dunkelheit durchdringt, sodaß unsere Seele ihr Hochzeitskleid, welches im Blut des Lammes weiß gemacht wurde (vgl. Apk 7,14), nie mehr beschmutzen möchte. Jeder geringste Fleck, den das Kleid bekommt, muß wieder im Blut des Erlösers reingewaschen werden. So schwinden langsam die Schatten unserer Seele und die Vollkommenheit Gottes senkt sich in sie ein. Wir erkennen dann unseren Vater immer mehr, wie er in unserer Seele wohnt und wie er in seinem Wesen ist. Seine Art zu denken und die Wirklichkeit wahrzunehmen zieht in uns ein und seine Liebe macht uns liebesfähig; seine Barmherzigkeit löst die Härten unseres Herzens auf. Es ist der Sieg der Liebe in uns!