Nach einem dreitägigen Exkurs kehren wir nin wieder zu den Grundthemen des geistlichen Lebens zurück! Heute wenden wir uns dem Gebet zu!
Ohne das Gebet ist es nicht möglich, die Beziehung zu Gott zu vertiefen, denn es ist der lebendige Austausch mit dem Herrn, es ist die Weise, wie Gott zu uns spricht! Deshalb erliegen wir einer Illusion, wenn wir glauben, daß die gute Tat alleine genügt und wir ansonsten nicht des Gespräches mit Gott bedürfen. Sicher gibt es besondere Berufungen, welche das Gebet in äußerster Intensität pflegen und ganz dafür leben! Doch wäre es verfehlt, das Gebet gar nicht zu pflegen und man würde auch den Charakter der Liebesbeziehung zu Gott nicht richtig erfassen. Eine Ehe z.B. lebt nicht nur vom gemeinsamen Tun, sondern auch vom Gespräch, vom Austausch und den besonderen Gesten der Liebe, die der Ehe zu eigen sind! So ist es auch in der Beziehung zu Gott. Der Herr möchte gerne, daß wir ihm zuhören und unser Herz vor ihm ausschütten! Das Gebet ist ein vorzüglicher Weg dahin. Die hl. Teresa von Avila, eine große Beterin, sagt uns, daß das Gebet das große Gespräch mit Gott ist.
So mögen die folgenden Betrachtungen helfen, den Wert des Gebetes noch mehr zu schätzen und uns anregen, es zu praktizieren!
Allgemeine Betrachtungen über das Gebet
Das Gebet ist ein großes Geschenk Gottes und die Seele des geistlichen Lebens. Durch das Gebet haben wir die Möglichkeit, schon in diesem irdischen Leben in eine immer größere Verbindung mit Gott einzutreten.
All die vielfältigen Formen des Gebetes haben zusammen mit der Verherrlichung und Anbetung Gottes ein gemeinsames Ziel: Durch die Kraft des Heiligen Geistes wird der Mensch verwandelt, bis das Antlitz Jesu immer mehr in ihm aufstrahlt und er tief mit Gott vereint ist.
Dies dient sowohl seiner eigenen Heiligung, als auch der Heiligung der Welt, denn durch die Kraft des Heiligen Geistes wird der betende Mensch angetrieben, auf seine Weise der Ausbreitung des Reiches Gottes zu dienen.
Der einfachste Zugang zur Welt des Gebetes ist die Vergegenwärtigung, daß es in der Beziehung Gottes zum Menschen um eine Liebesbeziehung geht.
Der Grund unserer Existenz ist die uns zugewandte Liebe Gottes, und Gott ist ständig darum bemüht, uns Menschen für diese Liebe empfänglicher zu machen.
Das Gebet ist – vom Menschen aus betrachtet – seine Antwort auf Gottes Liebe. Wir nehmen das „große Gespräch“ mit Gott auf, das durch den Heiligen Geist in uns entzündet wird. Dabei geht es um die innerste Berührung des Menschen mit dem Wesen Gottes, mit anderen Worten: um die Berührung und Begegnung der Herzen.
Gerade Gott gegenüber ist es möglich, ohne Angst und Skrupel, ohne falsche Rechtfertigungen und Bilder, ohne Vorleistungen auf das Gespräch der Liebe zu antworten, das er schon lange mit uns begonnen hat.
All die verschiedenen Gebetsweisen erhalten erst ihren vollen Wert, wenn sie mit dem Herzen gesprochen werden, also erst, wenn die Person mit ihrer Ganzheit hinter diesem Gebet steht.
Dorthin haben wir einen Weg zurückzulegen, denn nicht immer und überall sind wir schon mit unserer ganzen Person zu Gott hin erwacht; wobei es aber gerade das Gebet ist, welches unser innerstes Wesen als Mensch zu erwecken vermag.
Erst wenn der Mensch einer vorbehaltlosen Liebe begegnet – und das geschieht in der Begegnung mit Gott ohne Einschränkung -, sich dieser Liebe öffnet und auf sie antwortet, vermag er sich fallenzulassen und mit seinen hellen und dunklen Seiten restlos dieser Liebe – eben Gott selbst – anzuvertrauen.
Er kann sich aus seinem oft vorhandenen Lebenskrampf lösen, jenem Krampf, der sich vergeblich bemüht, die Bejahung seines Lebens selbst zu sichern und sich dadurch leicht in die Abhängigkeit von anderen Menschen zu begeben.
Das Gebet ermöglicht es Gott, durch seinen Geist so in uns zu wirken, daß die inneren Haltungen und Widerstände, die dem Willen Gottes entgegenstehen, der Überwindung zugeführt werden können und der Herr sich durch uns verherrlichen kann!