Das Evangelium nach Johannes (Joh 7,14-24): »Die Ehre Gottes suchen!«

Schon war die Hälfte der Festwoche vorüber, da ging Jesus zum Tempel hinauf und lehrte. Die Juden wunderten sich und sagten: Wie kann der die Schrift verstehen, ohne dafür ausgebildet zu sein? Darauf antwortete ihnen Jesus: Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat. Wer bereit ist, den Willen Gottes zu tun, wird erkennen, ob diese Lehre von Gott stammt oder ob ich von mir aus spreche. Wer von sich aus spricht, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaftig und in ihm ist keine Ungerechtigkeit. Hat Mose euch nicht das Gesetz gegeben? Aber keiner von euch befolgt das Gesetz. Warum sucht ihr mich zu töten? Die Menge antwortete: Du bist von einem Dämon besessen. Wer sucht dich denn zu töten? Jesus entgegnete ihnen: Ich habe nur ein einziges Werk vollbracht und ihr alle wundert euch darüber. Mose hat euch die Beschneidung gegeben – sie stammt freilich nicht von Mose, sondern von den Vätern – und ihr beschneidet einen Menschen auch am Sabbat. Wenn ein Mensch am Sabbat die Beschneidung empfangen darf, damit das Gesetz des Mose nicht mißachtet wird, warum zürnt ihr mir, weil ich am Sabbat einen Menschen als Ganzen gesund gemacht habe? Urteilt nicht nach dem Augenschein, sondern urteilt gerecht!

Jesu Kenntnis der Heiligen Schrift fällt den Menschen auf, denn sie fragen sich: “Wie kann der die Schrift verstehen, ohne dafür ausgebildet zu sein?” Wie vieles andere konnten sie es sich nicht erklären, denn Jesus redete nicht so, wie sie es von den Schriftgelehrten kannten. Wie der Evangelist Lukas berichtet, waren die Menschen “außer sich vor Staunen über seine Lehre, denn er redete mit Vollmacht” (Lk 4,32).

Jesus nutzte ihre Frage, woher seine Kenntnis komme, und vermittelte ihnen, daß seine Lehre und seine Vollmacht vom himmlischen Vater stammen, in dessen Auftrag er handelt. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, daß viele Menschen sich von den Worten Jesu treffen lassen.

Wir kennen das ja gut: Sobald ein Prediger das Wort über angeeignete Kenntnisse der Heiligen Schrift hinaus mit Vollmacht verkündet und aus der innersten Beziehung mit Gott schöpft, erreicht es uns und spricht uns in der Tiefe an. Auch die Apostel, ungelehrte und einfache Leute, verkündeten den Herrn mit Vollmacht, und selbst über die Mitglieder des Hohen Rates, die die Apostel festnehmen ließen, heißt es in der Apostelgeschichte: “Als sie den Freimut des Petrus sahen und merkten, daß es ungebildete und einfache Leute waren, wunderten sie sich” (Apg 4,13).

Wenn jemand in der Wahrheit spricht, kommt die Autorität von dieser Wahrheit her, und sie fragt nach der Antwort des Menschen, denn der Mensch ist auf die Wahrheit hin geschaffen. Sich bewußt der Wahrheit zu verschließen bedeutet, in äußerste Finsternis und Verblendung zu geraten. Jesus stellt uns das sehr überzeugend vor Augen: “Wer bereit ist, den Willen Gottes zu tun, wird erkennen, ob diese Lehre von Gott stammt oder ob ich von mir aus spreche”.

Es gibt also eine Bedingung, daß man die Worte Jesu annehmen kann. Wer aufrichtig Gott und seinen Willen sucht, wird auch erkennen, in welcher Vollmacht Jesus spricht. Da seine Worte zweifellos vom Vater kommen – denn niemand kann das Wort Gottes so authentisch vermitteln wie der Sohn Gottes selbst -, wird der Mensch vor die Entscheidung gestellt. Jesus erfüllt alle Bedingungen, daß wir ihm vertrauen und auf ihn hören können, denn er sucht die Ehre des Vaters. Er wird nicht müde, seinen Zuhörern immer wieder zu vermitteln, woher seine Worte und Taten stammen.

Bei Menschen, denen das Wort des Herrn anvertraut ist, kann es anders sein. Jesus wirft ja den Schriftgelehrten und Pharisäern verschiedentlich vor, daß sie nicht die Ehre Gottes, sondern ihre eigene Ehre suchen. Das dürfte ein Schlüssel sein, warum manchmal auch Predigten, besonders wenn sie durch modernistisches Gedankengut verfremdet sind, nicht so leicht die Herzen der Menschen erreichen. Man sucht nicht die Ehre Gottes, sondern verkündet die eigene Sicht, manchmal vielleicht auch, um den Menschen zu gefallen, nicht anzuecken usw. Ist es so, dann ist die innere Verbindung mit dem, der zum Predigen aussendet, nicht stark genug, und die Vollmacht, die nur Gott schenken kann, stellt sich nicht ein. Dann kann der Herr auch nicht die Herzen der Zuhörer bewegen.

Wichtig ist das Wort des Herrn, das er in diesem Zusammenhang verwendet: “Wer von sich aus spricht, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaftig und in ihm ist keine Ungerechtigkeit.”

Formulieren wir es umgekehrt! Tatsächlich ist es ja eine große Ungerechtigkeit, wenn wir – besonders wenn es sich um religiöse Inhalte handelt, die wir von Gott anvertraut bekamen und die ihm gehören – zu unserer eigenen Ehre mißbrauchen. Der Antichrist und sein falscher Prophet werden wohl am Ende der Zeiten so handeln, und das wird eines der Kennzeichen sein, woran man diese Feinde Gottes erkennen kann.

Jesus macht noch einmal darauf aufmerksam, daß die Heilung des Lahmen am Sabbat ein Werk Gottes war und durchaus dem entsprach, was die Juden selbst am Sabbat tun: “Wenn ein Mensch am Sabbat die Beschneidung empfangen darf, damit das Gesetz des Mose nicht mißachtet wird, warum zürnt ihr mir, weil ich am Sabbat einen Menschen als Ganzen gesund gemacht habe?” Und er beschließt seine Rede an die Juden mit einer ernsten Mahnung: “Urteilt nicht nach dem Augenschein, sondern urteilt gerecht!”

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