Die Juden murrten gegen Jesus, weil er gesagt hatte: Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Und sie sagten: Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen? Jesus sagte zu ihnen: Murrt nicht! Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag. Bei den Propheten steht geschrieben: Und alle werden Schüler Gottes sein. Jeder, der auf den Vater hört und seine Lehre annimmt, wird zu mir kommen. Niemand hat den Vater gesehen außer dem, der von Gott ist; nur er hat den Vater gesehen. Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon ißt, wird er nicht sterben. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt. Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht eßt und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag. Denn mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich ißt, durch mich leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Es ist nicht wie das Brot, das die Väter gegessen haben, sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit. Diese Worte sprach Jesus, als er in der Synagoge von Kafarnaum lehrte.
Zweifellos war es nicht leicht zu verstehen, was Jesus den Juden zu vermitteln hatte. Bleibt man bei den natürlichen Begriffen, so ist es gar unmöglich. Doch es ist sicher, daß der Herr nicht zumutet, etwas zu verstehen, wozu er nicht die Gnade schenkt. Mit dem Gottessohn kommt auch die Gnade, sich ihm anzuvertrauen, und wenn man auch nicht alles verstehen kann, so weiß man doch, daß die Worte Jesu wahr sind, und wartet darauf, daß der Geist des Herrn sie näher aufschließt. So geht es uns ja auch heute noch! Nicht alles und jedes verstehen wir in seiner ganzen Tragweite, sondern müssen oft genug warten, bis der Geist es uns aufschließt.
Bei den Juden kam ein Murren auf, weil sie den Worten Jesu nicht folgen wollten. Es war besonders die von Jesus immer wieder betonte Wahrheit, daß er vom Himmel herabgestiegen sei, die sie nicht annehmen wollten. Allerdings fragten sie auch nicht nach, wie es der Pharisäer Nikodemus getan hat, sondern äußerten ihr Unverständnis in einer Weise, die Jesus veranlasste, sie zurechtweisen: “Murrt nicht!”
Das ist wichtig zu verstehen, denn Murren ist eine Art innerer Auflehnung, die den Menschen daran hindert, einer höheren Wahrheit und Erkenntnis zu folgen, als der, die sie bisher erkannten. Aber sie hörten die Worte des Gottessohnes, und er versuchte es noch einmal zu verdeutlichen: “Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag. […] Jeder, der auf den Vater hört und seine Lehre annimmt, wird zu mir kommen.”
Jesus bezieht seine Autorität vom Vater, was er immer wieder unterstreicht und den Juden verständlich machen will. Seine Kenntnis des himmlischen Vaters unterscheidet sich grundsätzlich von der Erkenntnis, die Menschen von ihm haben können: “Niemand hat den Vater gesehen außer dem, der von Gott ist; nur er hat den Vater gesehen”.
Deshalb bringt er die authentische Kunde vom Thron des Vaters. Das ist es, was die Juden verstehen sollen, wenn sie seine Worte hören und seine Taten sehen. Und das ist nicht unmöglich, denn Gott selbst »zieht sie«, damit sie den Sohn verstehen können.
Im Katechismus der katholischen Kirche hören wir:
“Gott ist in sich unendlich vollkommen und glücklich. In einem aus reiner Güte gefaßten Ratschluß hat er den Menschen aus freiem Willen erschaffen, damit dieser an seinem glückseligen Leben teilhabe. Deswegen ist er dem Menschen jederzeit und überall nahe. Er ruft ihn, er hilft ihm, ihn zu suchen, ihn zu erkennen und ihn mit all seinen Kräften zu lieben. Er ruft alle durch die Sünde voneinander getrennten Menschen in die Einheit seiner Familie, die Kirche. Er tut es durch seinen Sohn, den er als Erlöser der Welt gesandt hat, als die Zeit erfüllt war. In ihm und durch ihn beruft er die Menschen, im Heiligen Geist, seine Kinder zu werden und so sein glückseliges Leben zu erben.” (1 KKK)
Die Voraussetzung für das Verständnis der nun folgenden Rede über das Himmelsbrot, das in Jesus auf die Erde gekommen ist und die Menschen nähren soll, ist das Vertrauen in seine Person. Nur dann wird man keinen Anstoß daran nehmen, daß er davon spricht, man müsse sein Fleisch essen und sein Blut trinken, damit man in ihm bleibe und er in uns.
Mit der Einsetzung der Eucharistie erschließt sich dieses Wort Jesu, und es wird verständlich, daß all dies auf geistige Weise geschieht. Die Kirche hat uns dieses Geheimnis der Liebe bis heute bewahrt. Wenn wir den heiligen Leib und das kostbare Blut Jesu empfangen, dann wissen wir im Glauben, daß genau das geschieht, was Jesus an dieser Stelle des Johannesevangeliums seinen damaligen Zuhörern sagt. Wir wissen, daß wir durch ihn in Ewigkeit leben, wie er durch den Vater lebt.