Die Juden sagten zu ihm: Welches Zeichen tust du denn, damit wir es sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie es in der Schrift heißt: Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen. Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben. Da baten sie ihn: Herr, gib uns immer dieses Brot! Jesus antwortete ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben. Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt gesehen und doch glaubt ihr nicht. Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen; denn ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Das aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß ich keinen von denen, die er mir gegeben hat, zugrunde gehen lasse, sondern daß ich sie auferwecke am Jüngsten Tag. Denn das ist der Wille meines Vaters, daß jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben hat und daß ich ihn auferwecke am Jüngsten Tag.
Jesus ist vom Himmel herabgekommen. Um der Erlösung willen hat er Fleisch angenommen im Schoß der Jungfrau Maria. Das ist es, was die Menschen damals wie heute zu verstehen haben. Jesus ist der Einzige, der Gott geschaut hat und der selbst Gott ist, wie es die Schrift bezeugt und wir es glauben. Er ist es, der Kunde gebracht hat von unserem himmlischen Vater (vgl. Joh 1,18). In ihm ist der Vater gegenwärtig (Joh 14,10). All das, was wir Gläubige als Wahrheit erkennen, aus der wir leben, haben wir im Licht des Heiligen Geistes erkannt und die Kirche hat es uns durch die authentische Lehre überliefert. Wenn wir nun Jesus im Johannesevangelium begleiten und ihm immer wieder zuhören, dann sehen wir sein großes Bemühen, den Juden diese Wahrheit zu vermitteln, die für uns selbstverständlich geworden ist.
Die Juden wollten ein Zeichen sehen, Jesus sollte sich dadurch vor ihnen beglaubigen, und sie erinnern an das Zeichen, daß ihre Väter in der Wüste Brot vom Himmel gegessen haben. Jesus nimmt ihr Wort auf, um sie zu einer höheren Erkenntnis zu führen. Das Manna in der Wüste war ein großes Zeichen, an dem sie die fürsorgliche Liebe des Vaters erkennen sollten, wie Gott sein Volk ernährt, und das ihr Vertrauen in die Führung durch Gott und Mose stärken sollte. Doch dieses Brot konnte nur das leibliche Leben nähren, nicht aber den Hunger nach dem wahren Leben stillen!
Gott möchte jedoch den Menschen umfassend, in seiner ganzen Geschöpflichkeit und in seiner himmlischen Berufung, nähren und beschenken. Dazu bedarf es einer anderen Nahrung, einer Nahrung, welche die Seele sättigt, die die Sehnsucht des Menschen erfüllt und seine Sinnfrage beantwortet, die seinen Hunger nach Liebe zu stillen vermag und seine Suche nach der Wahrheit beantwortet. Das kann nur durch eine wirkliche Begegnung mit Gott geschehen.
Das ist es, was Jesus seinen Zuhörern sagen will: “Das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben”. Die Juden ahnen wohl schon, daß der Herr noch von etwas anderem spricht, als vom Brot, das nur vorübergehend sättigt, denn sie bitten Jesus: “Herr, gib uns immer dieses Brot!”
Der Herr versucht, ihnen die Augen zu öffnen: “Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.”
Das war der Moment des Übergangs vom Glauben an das Manna in der Wüste zum Glauben an das Brot des Lebens. Der Herr baute ihnen eine Brücke, um sie zur Erkenntnis seiner Person zu führen, indem er an ihr Wissen um Mose und die Väter anknüpfte. Er tat es, wie es später viele kluge Missionare taten, indem er an ein – wenn auch noch rudimentäres – Wissen um Gott anknüpfte, um die Menschen zu einem tieferen Verständnis zu führen.
Doch hier stößt Jesus auf einen geistigen Widerstand. Obwohl die Menschen ihn und seine Zeichen sahen und die Worte des Lebens hörten, glaubten sie nicht. Die Wahrheit konnte nicht in sie eindringen und ihr Licht nicht verbreiten.
Das ist eine Situation, die wir durchaus auch heute kennen. Manchmal fragen wir uns, warum Menschen nicht zum Glauben kommen, obwohl sie von Jesus gehört haben und vielleicht auch um Wunder wissen. Wir können das in der Regel nicht beantworten, sondern sollten einfach weiter versuchen, ein authentisches Zeugnis in Wort und Tat zu geben, in der Hoffnung, daß durch Gottes Ausdauer in der Suche nach dem Menschen, dieser eines Tages sein Herz öffnet.
Jesus jedenfalls versucht es hier im Text weiter. Er bricht das Gespräch nicht ab und spricht seine liebende Einladung aus, daß die Juden – und wir wissen, es weitet sich auf alle Menschen aus – zu ihm kommen können und er sie nicht abweisen wird. Das ist der Wille des himmlischen Vaters, daß alle bei seinem Sohn Zuflucht nehmen, daß er ihnen das wahre Leben schenkt, das ewige Leben. Niemand soll zugrundegehen und in die Hände der Feinde Gottes geraten, aus denen der Herr sie befreit hat! Aber es ist nötig, auf die Einladung Gottes zu hören, daß er das ewige Leben hat und der Herr ihn am Jüngsten Tag auferwecken kann.
Über die Auferstehung der Toten lehrt der Katechismus: “Im Tod, bei der Trennung der Seele vom Leib, fällt der Leib des Menschen der Verwesung anheim, während seine Seele Gott entgegengeht und darauf wartet, daß sie einst mit ihrem verherrlichten Leib wiedervereint wird. In seiner Allmacht wird Gott unserem Leib dann endgültig das unvergängliche Leben geben, indem er ihn kraft der Auferstehung Jesu wieder mit unserer Seele vereint.” (KKK Nr. 997)
Wir werden den Herrn weiter begleiten und sehen, wie er unermüdlich versucht, die Menschen für das Reich Gottes zu gewinnen.