Das Evangelium nach Johannes (Joh 10,40-42. 11,1-46 ): »Zeichen und Wunder«  

Jesus ging wieder weg auf die andere Seite des Jordan, an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte; und dort blieb er. Viele kamen zu ihm. Sie sagten: Johannes hat kein Zeichen getan; aber alles, was Johannes über diesen gesagt hat, erwies sich als wahr. Und viele kamen dort zum Glauben an ihn.

Ein Mann war krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Marta. Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte; deren Bruder Lazarus war krank. Daher sandten die Schwestern Jesus die Nachricht: Herr, sieh: Der, den du liebst, er ist krank. Als Jesus das hörte, sagte er: Diese Krankheit führt nicht zum Tod, sondern dient der Verherrlichung Gottes. Durch sie soll der Sohn Gottes verherrlicht werden. Jesus liebte aber Marta, ihre Schwester und Lazarus. Als er hörte, daß Lazarus krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er sich aufhielt. Danach sagte er zu den Jüngern: Laßt uns wieder nach Judäa gehen. Die Jünger sagten zu ihm: Rabbi, eben noch suchten dich die Juden zu steinigen und du gehst wieder dorthin? Jesus antwortete: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand am Tag umhergeht, stößt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt sieht; wenn aber jemand in der Nacht umhergeht, stößt er an, weil das Licht nicht in ihm ist. So sprach er. Dann sagte er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken. Da sagten die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, dann wird er gesund werden. Jesus hatte aber von seinem Tod gesprochen, während sie meinten, er spreche von dem gewöhnlichen Schlaf. Darauf sagte ihnen Jesus unverhüllt: Lazarus ist gestorben. Und ich freue mich für euch, daß ich nicht dort war; denn ich will, daß ihr glaubt. Doch wir wollen zu ihm gehen. Da sagte Thomas, genannt Didymus, zu den anderen Jüngern: Laßt uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben! 

Immer mehr Menschen kamen zu Jesus und glaubten an ihn. Was die Gegner Jesu zu verhindern suchten, war nicht mehr aufzuhalten. Zu eindeutig waren die Zeichen, die Jesus wirkte, und auch seine Worte fanden offensichtlich immer mehr Gehör.

Mit der Auferweckung des Lazarus tat der Herr noch einmal ein überragendes Wunder, das seine Gottessohnschaft so sehr unterstrich, daß es jedem hätte ersichtlich sein müssen, daß Gott am Werk war.

Doch bevor es zur Auferweckung kam, erklärte Jesus seinen Jüngern, daß die Krankheit des Lazarus nicht zum Tode führen, sondern der Verherrlichung Gottes dienen solle. Es ist für uns wichtig zu verstehen, daß die physischen Wunder nicht nur ein Akt der barmherzigen Zuwendung Gottes zu den Menschen sind, also ein Akt der Nächstenliebe, sondern daß sie den Glauben an Jesus wecken sollen. Deshalb steht die Verherrlichung Gottes im Vordergrund, denn wenn der Mensch an Gott glaubt, verherrlicht er ihn, und damit ist das erste und wesentliche Ziel des Kommens Jesu erreicht.

Denken wir an die schwierige Situation des Herrn. Er wurde zu den Menschen gesandt, damit sie an ihn glauben, denn der Glaube sollte sie retten. So bestätigte der himmlische Vater Jesus durch Zeichen und Wunder, und Jesus selbst verwies ja auch darauf: “Glaubt wenigstens den Zeichen, die der Vater vollbringt!”

Jesus kehrte nach Judäa zurück, obwohl ihm dort Gefahr drohte. Auch wenn Jesus sich zeitweise zurückzog, um konkreten Angriffen auf sein Leben zu entgehen, wie etwa der Steinigung, von der wir im letzten Kapitel gehört haben, führte er doch seine Mission unter schwierigsten Bedingungen ohne Zögern aus. Spätere Missionare taten es dem Herrn gleich, denken wir nur an den Apostel Paulus und an seine Verfolgungen!

Das braucht es eine Grundentscheidung: Nichts geht über den Auftrag des Herrn. Er steht so sehr im Vordergrund, daß sich alles andere in diese Wertehierarchie einordnen muß.

So ging Jesus mit seinen Jüngern zum Haus des Lazarus und seiner Schwestern, und er freute sich für seine Jünger, daß sie durch das überragende Zeugnis der Auferweckung des Lazarus noch tiefer zum Glauben finden konnten. Es ist das Anliegen Jesu, nicht nur den Glauben zu erwecken, sondern auch den Glauben derer zu stärken, die ihm nachfolgen. Deshalb sagt er: “Und ich freue mich für euch, daß ich nicht dort war; denn ich will, daß ihr glaubt”.

Das ist bis heute das Anliegen des Herrn. Der Glaube soll nicht nur erweckt werden, sondern in einen Weg hineinführen, der den Menschen dauerhaft mit dem Geist Gottes erfüllt, so daß der Herr immer mehr in ihm wirksam wird. Sein Werk soll weitergeführt werden. Auch heute soll die Verkündigung zusammen mit den Zeichen der Verherrlichung Gottes dienen. Selbst wenn wir in der heutigen Verkündigung keine unmittelbaren Zeichen vor Augen hätten – wobei es sie reichlich gibt -, können die bezeugten Wunder Jesu immer wieder unseren Glauben stärken.

Es geht um das eine Entscheidende für die ganze Menschheit: Nimmt sie das Geschenk der Gnade Gottes an, dann ordnet sich das Leben nach dem Willen Gottes und führt zu einem erfüllten Leben, oder das große Geschenk Gottes kann sich nicht in seiner ganzen Dimension entfalten und verfehlt im schlimmsten Fall sein Ziel für Zeit und Ewigkeit.

Download PDF