Vorbemerkung: Mit der Gnade Gottes habe ich nun mehr als sieben Jahre lang die jeweilige Tageslesung oder das Tagesevangelium (nach dem Novus Ordo) ausgelegt, das als Text und Audio im Internet zur Verfügung steht. So hat sich ein reicher Schatz angesammelt, der für die Hörer immer zugänglich ist (elijamission.net). Für die meisten Tage im Jahr gibt es eine entsprechende Auslegung.
Das Wort Gottes ist und bleibt ein unermeßlicher Schatz für uns. Als ich überlegte, wie ich in diesem Jahr weitermachen könnte, kam der Gedanke auf, die vier Evangelien und einige Briefe des Neuen Testaments systematisch auszulegen. Die Idee ist nicht ganz neu, denn ich habe das vor vielen Jahren schon einmal auf der mündlichen Ebene getan. Inzwischen sind jedoch einige Sprachen hinzugekommen. So ergibt es Sinn, die Auslegungen nun schriftlich zu fassen, damit sie leichter in die anderen Sprachen übersetzt werden können.
Zunächst möchte ich mich den Evangelien zuwenden. Da gerade heute, am 5. Januar, in der Liturgie der Johannesprolog vorgesehen ist, fiel die Wahl darauf, mit diesem Evangelium zu beginnen. Ich werde die neuen Auslegungen in ähnlicher Länge wie bisher gestalten und Bezüge zu aktuellen Themen herstellen, wenn es für das Verständnis hilfreich ist und wir dadurch bestimmte Vorgänge aktualisieren und besser verstehen können. Wie immer empfehle ich mich Eurem Gebet und bitte den Herrn, das Werk, das er begonnen hat, weiterzuführen und mit seinem Licht zu erfüllen.
Joh 1,1-5
Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfaßt.
Unser heiliger Glaube ist uns von Gott geschenkt. Er fußt nicht auf einer philosophischen Spekulation oder ist einfach nur ein inneres Erahnen. Nein, er ist uns von Gott selbst offenbart worden.
Gott kommt in seinem Sohn, um sich bei den Menschen bekannt zu machen, damit sie verstehen, wie er wirklich ist. Im Wort Gottes, das in Jesus für uns Mensch geworden ist, begegnen wir der Herrlichkeit des Vaters, wenn auch noch nicht im vollen Glanz der Erkenntnis, die uns dann in der Ewigkeit geschenkt wird, nachdem wir den Weg auf der Erde zu Ende gegangen sind.
Halten wir das fest, sonst gibt das Wort des heiligen Apostels Johannes keinen Sinn: Jesus ist weder einer der Göttersöhne noch ein sog. »Avatar«, der esoterischen Vorstellungen gemäß ein wiederkommender Weiser sein soll, der die Welt in ihrer Entwicklung voranbringen soll, oder – wie der Koran ihn sieht – ein Prophet ist.
Nein, Jesus ist Gott selbst in der zweiten Person der Gottheit. Daher zeugt er nicht nur vom Licht, sondern ist das Licht selbst, welches in die Welt gekommen ist. Das erschließt sich für uns Menschen nur dann, wenn wir im Glauben das Licht von dem erhalten, der selbst das Licht ist. „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens. In deinem Licht schauen wir das Licht“ (Ps 36,10)
Warum ist es so wichtig, daran festzuhalten und zu betonen, was unserem katholischen Glauben selbstverständlich sein sollte? Im Alten Ritus wird am Ende jeder Heiligen Messe der Johannesprolog vom Priester gebetet.
Unser Glaube steht und fällt mit diesen Worten des Herrn! Wäre Jesus nicht das Wort Gottes, also nicht wesenhaft Gott selbst, dann würden wir uns nicht nur täuschen, sondern die Botschaft des Glaubens würde sich in die Reihe der anderen Religionen und Weltanschauungen einfügen und sein besonderes Licht verlieren. Hier würde sich anschaulich zeigen: „Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ Die Finsternis hätte das Licht sozusagen verschlungen, und der Weg, den unser himmlischer Vater den Menschen für ihre Erlösung anbietet, wäre verschlossen.
Deshalb ist es so wesentlich – der Johannesprolog erscheint im Novus Ordo nicht mehr – immer wieder dieses wahre Bekenntnis der Gottheit Christi abzulegen und in ihm zu bleiben, denn die Finsternis ist am Werk, das Licht zu verdunkeln. Der Fürst der Finsternis will das Zeugnis des Glaubens auslöschen und sich mit dem Kommen des Antichrist selbst an die Stelle Gottes setzen. Die tägliche Wiederholung des Johannesprologs ist unter diesem Gesichtspunkt auch eine Waffe gegen alle Versuche, die Einmaligkeit Christi und somit auch die unverwechselbare Aufgabe der kirchlichen Verkündigung zu stützen, zu stärken und sie vor Täuschungen zu bewahren. Leider sind solche Täuschungen im Leben der Kirche bereits nicht mehr übersehbar.
Das Wort des Herrn ist das wahre Leben. Durch Jesus wird uns der Weg zum göttlichen Leben geöffnet. Dieses Leben vermag unsere Wunden zu heilen, den Verstand zu erleuchten und den Willen zu stärken. Nie können wir unserem himmlischen Vater genug dafür danken!