Befreit durch das Evangelium

Nach der Auslegung des Johannesevangeliums, der Apostelgeschichte, den Meditationen zu Pfingsten und dem Römerbrief, wende ich mich nun wieder den täglichen Auslegungen zu. Viele habe ich in den vergangenen Jahren bereits ausgelegt, sodaß es zu Wiederholungen mit evtl. aktuellen Ergänzungen kommen kann. Ebenso werde ich gelegentlich die Lesungen der Leseordnung verwenden, die für den Tridentinischen Ritus, den »Vetus Ordo«, gilt.

Mt 8,28-34 

 Als Jesus an das andere Ufer kam, in das Gebiet von Gadara, liefen ihm aus den Grabhöhlen zwei Besessene entgegen. Sie waren so gefährlich, daß niemand den Weg benutzen konnte, der dort vorbeiführte. Sofort begannen sie zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Sohn Gottes? Bist du hergekommen, um uns schon vor der Zeit zu quälen? In einiger Entfernung weidete gerade eine große Schweineherde. Da baten ihn die Dämonen: Wenn du uns austreibst, dann schick uns in die Schweineherde! Er sagte zu ihnen: Geht! Da verließen sie die beiden und fuhren in die Schweine. Und die ganze Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See und kam in den Fluten um. Die Hirten flohen, liefen in die Stadt und erzählten dort alles, auch das, was mit den Besessenen geschehen war. Und die ganze Stadt zog zu Jesus hinaus; als sie ihn trafen, baten sie ihn, ihr Gebiet zu verlassen.

Die Existenz unreiner Geister ist kein einfaches Thema, aber eines, dem man nicht ausweichen kann, wenn man den Glauben ernst nimmt.

Wie kommt es zu einer Besessenheit? Wir kennen die näheren Umstände der beiden Männer nicht, von denen das heutige Evangelium berichtet. Doch wir können feststellen, daß das Problem der Besessenheit oder Umsessenheit auch heute noch existiert. Es liegt im Interesse des Teufels und seiner Dämonen, ihren Einfluß auf den Menschen möglichst umfassend auszuüben. Wo es ihm möglich ist, versucht er den Menschen vom Weg Gottes abzubringen und in die Sünde zu führen. Gelingt ihm dies nicht, dann will er die Menschen auf ihrem Weg mit Gott wenigstens so gut es geht behindern.

Einen großen Einfluß kann der Teufel jedoch auf Menschen ausüben, die sich mit Magie oder okkulten Dingen beschäftigen. Nicht selten öffnet man damit den Mächten der Finsternis direkt die Möglichkeit, Einfluß zu nehmen. Das verstärkt sich noch, wenn der Mensch in der Sünde verharrt. Am deutlichsten wird sein Einfluß, wenn sich jemand dem Satan wirklich weiht und ihn um seine Hilfe anruft. Das kann zu einer konkreten Besessenheit führen. Das bedeutet, daß diese Mächte ständig im Inneren des Menschen sind und ihn quälen.

In der Begegnung mit Jesus kommt es für diese beiden bedauernswerten Männer zu einer Wende.  Zunächst hört man noch die Dämonen aus ihnen sprechen, die sich mit Recht vor der Vollmacht Jesu fürchten, denn mit dem Kommen des Herrn kommt auch das Gericht über die Dämonen (vgl. Joh 12,31).

Das ist nicht nur in diesem konkreten Fall so. Seit Jahrhunderten, seit der Herr verkündet wird, können Menschen vom Einfluß der Dämonen befreit werden. Dies ist Teil des Sendungsauftrags Jesu (vgl. Mk 16,17), dem sich die Kirche nicht entzogen hat.

Im Heidentum hatten die Dämonen ein leichtes Spiel, die Menschen zu täuschen und Angst zu verbreiten. Heute besteht allerdings die Gefahr, daß man wieder zu alten heidnischen Praktiken zurückkehrt, wenn der Glaube nicht richtig angenommen wird. Dann können die Dämonen, die eigentlich schon geschwächt oder ganz entmachtet waren, wieder mehr Einfluß auf die Menschen gewinnen. Leider weist manches auf eine solche Entwicklung hin. Mit dem Verlust oder auch der »Verdunstung« bzw. Verweltlichung des Glaubens geht die geistliche Kraft verloren, welche die Dämonen in ihren Grenzen halten konnte.

Dazu paßt folgende Information: Ein irischer Priester und Exorzist wandte sich an seine Bischöfe und berichtete, die dämonischen Aktivitäten in seinem Land würden dramatisch zunehmen. Ähnliches ist in anderen Ländern zu beobachten, und die “International Association of Exorcists” spricht von einem »pastoralen Notruf«, denn offenbar sind es viele Menschen, die um einen Exorzismus bitten.

Es ist tragisch, denn früher sind von Irland so viele Missionare aus in alle Welt ausgesandt worden, und heute ist es dort sehr »dunkel« geworden, ebenso wie in manch anderem europäischen Land.

Abhilfe können hier nur eine tiefgehende Glaubenserneuerung und die Bekehrung vieler Menschen zum Herrn schaffen. Wenn sich das Licht des Glaubens ausbreitet, muß die Finsternis weichen. Wir brauchen eine bekennende Kirche, die ihren Auftrag, aller Kreatur das Evangelium zu verkündigen, nicht vernachlässigt. Je mehr sie verweltlicht, desto weniger wirkt die Kraft des Heiligen Geistes – und das öffnet der Finsternis Tür und Tor. Die Dämonen fürchten sich dann nicht mehr und treten immer ungehinderter auf. Das darf nicht so sein!

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