Mk 7,20-23
“Weiter sagte Jesus: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.”
Was über den Umgang mit den Gedanken gesagt wurde, gilt auch für all die anderen Bereiche, die vom Herrn bezeichnet werden. Es ist ja zu hoffen, daß nicht all die genannten Bosheiten sich in unserem Herzen finden lassen, die Tendenz dazu liegt allerdings in unserer gefallenen Natur. Wir haben sorgsam – aber nicht verkrampft und skrupelhaft – darauf zu achten, was wir in uns wahrnehmen und entsprechend damit umzugehen.
Nehmen wir als ein weiteres Beispiel den Neid.
Dieser ist eine sehr hartnäckige Bosheit, die wir mit Entschiedenheit anzugehen haben. Hier hilft es z.B., für den anderen Menschen zu beten, das eigene Herz beständig zu Gott hin zu öffnen und den Heiligen Geist zu bitten, diese Dunkelheit in uns zu berühren. Der Neid verschließt unser Herz Gott und dem anderen Menschen gegenüber und macht unser Wesen finster. Wenn wir nun dem Neid in unserem Herzen willentlich absagen und unseren Willen darauf richten, dem anderen das von Gott gegebene Gut zu gönnen und dem Herrn dafür zu danken, dann haben wir die richtige Richtung eingeschlagen. Hier benötigen wir sehr die Hilfe des Heiligen Geistes, damit dieser Willensakt beständig wird und auch den Grund berührt, aus dem dieser Neid fließt, eben unser Herz. Machen wir uns den Vorgang klarer, was geschieht, wenn wir den Heiligen Geist bitten, unsere Schatten zu vertreiben.
Der Neid kommt von der Finsternis – man spricht vom Neid des Teufels (vgl. Weish 2,24) – und er verdunkelt unser Herz. Wenn wir uns dem Neid überlassen, wird unser Herz böse und der Neid wird zur Triebfeder böser Handlungen; er ist in jeder Hinsicht zerstörerisch und tötet die Liebe.
Der Heilige Geist hingegen ist die Liebe selbst, die in unsere Herzen ausgegossen ist (Röm 5,5). Es ist eine Weise, in der unser Himmlischer Vater seinen Thron in uns errichten will. Die Liebe Gottes mißgönnt niemandem etwas. Im Gegenteil: sie schenkt sich und macht uns zu Beschenkten, die andere Menschen ebenfalls zu beschenken vermögen. Wenn wir also jetzt, statt den Antrieben der Finsternis zu folgen uns von ihr distanzieren, dann sagen wir mit einem solchen Akt willensmäßig der Bosheit ab. Dieser Akt ist schon vom Heiligen Geist gestützt, sonst könnten wir den Neid gar nicht richtig erkennen und entsprechend handeln.
In der konkreten Anrufung des Heiligen Geistes in die Dunkelheit des Neides hinein, berührt er die Finsternis in uns und verwandelt sie, denn die Finsternis muß dem Licht weichen. Anders ausgedrückt: Die Liebe Gottes zieht nun an diesem Punkt verstärkt in unser Herz ein und löst es aus der Umklammerung des Bösen heraus. An die Stelle der Enge der Bosheit tritt die Weite der Liebe.
Um aber in keine Illusion zu geraten: Wenn Gott nicht mit einer außerordentlichen Gnade den Menschen von einem Tag auf den anderen von einem großen Übel dauerhaft befreit – was geschehen kann – ist es in der Regel ein langer Kampf. Immer wieder wird man den Neid in sich wahrnehmen, vielleicht nach einiger Zeit in geschwächter Weise, wenn die Liebe Gottes mehr Raum in unserem Herzen gefunden hat. Immer wieder ist man gefragt, Akte zu vollziehen, welche dem Neid entgegenwirken. Man wird darunter leiden, daß man den Neid noch in seinem Herzen wahrnimmt, obwohl man sich schon willentlich von ihm getrennt hat. Dieses Leiden ist sehr gut und heilsam. Es zeigt auf, daß in unserem Herzen die Liebe schon mehr lebt. Wir leiden unter unserer Neigung zur Bosheit und wollen doch schon so gerne anders sein, so wie Gott es möchte.
Dieser Zustand erinnert mich an ein Wort, das ich einmal in mir selbst wahrnahm und das mich seitdem begleitet. Das Wort hieß: “Ihr müßt erst unter Eurem bösen Herzen leiden, dann fleht auf Knien um ein neues Herz.”
Was ich nun in Bezug auf das Thema Neid ausgeführt habe, gilt für alle anderen Bosheiten, die der Herr uns hier im Evangelium vor Augen gestellt hat.
Es gilt sie im eigenen Herzen mit der Hilfe Gottes zu erkennen, sich von den Bosheiten abzuwenden, Tugenden anzustreben und in konkreten Prozessen der Umwandlung um Heilung und Befreiung durch den Heiligen Geist zu bitten.
Das ist ein Weg, den wir beschreiten können, um an der Umwandlung unseres Herzens mitzuarbeiten.
Damit wir auf einem solchen Weg den Mut nicht verlieren, sollten wir nie vergessen, daß dies alles in der Gegenwart eines liebenden Vaters geschieht, der unsere Heiligung möchte. Es soll schon jene Fülle der Heiligkeit in uns wohnen (vgl. Mt 5,48), welche auf der Erde möglich ist. Gott ist ein Vater, der unsere Schwächen und Rückfälle kennt und uns immer wieder aufrichtet. Die Sakramente sind hierzu eine unschätzbare Hilfe, besonders das Sakrament der Buße und der Eucharistie.
Wir sind also zu diesem wahren und edlen Kampf gerufen, und mit der Heiligen Firmung sind wir bereits sakramental gestärkt worden.
Es handelt sich hier um den wahren Kampf, denn mit ihm kommen wir zum Zentrum. Die Mächte der Finsternis wollen sich der bösen Neigungen der Menschen bedienen, um sie ins Unheil zu stürzen. Es ist also nicht nur ein Kampf um die persönliche Heiligkeit, sondern dieser Kampf dient auch unserer Kirche und ihrer Mission in dieser Welt. Er gehört wesentlich zu unserer Berufung als Christen, wenn wir zum Heer des Lammes gehören und an seiner Seite gegen den Drachen Krieg führen.
Es geht ja um unser Herz. Gehört es dem Herrn (siehe erstes Gebot) oder dem Abgrund? Die Reinheit des Herzens ist ein großer Sieg, denn es wird Gott schauen (vgl. Mt 5,8).
In diesem uns aufgetragenen Kampf wissen wir uns von der Mutter des Herrn unterstützt, deren Unbeflecktes Herz ja den Sieg über die Mächte der Dunkelheit herbeiführen wird.
Wir schwache Menschen können diesen Kampf nur mit der Gnade Gottes bestehen, um die wir jeden Tag auf Knien flehen sollten. Gott wird sie uns gewähren und uns in der Schar des Lammes unseren Platz zuweisen.