1 Joh 3,22-4,6
Liebe Brüder, traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt hinausgezogen. Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, Jesus Christus sei im Fleisch gekommen, ist aus Gott. Und jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott. Das ist der Geist des Antichrists, über den ihr gehört habt, daß er kommt. Jetzt ist er schon in der Welt. Ihr aber, meine Kinder, seid aus Gott und habt sie besiegt; denn Er, der in euch ist, ist größer als jener, der in der Welt ist. Sie sind aus der Welt; deshalb sprechen sie, wie die Welt spricht, und die Welt hört auf sie. Wir aber sind aus Gott. Wer Gott erkennt, hört auf uns; wer nicht aus Gott ist, hört nicht auf uns. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.
Die heutige Lesung aus dem Johannesbrief fordert uns auf, die Geister zu prüfen, ob sie aus Gott sind!
Wie ich bereits in der gestrigen Betrachtung erwähnt habe, muß diese Prüfung gut durchgeführt werden, denn der Geist des Antichristen wirkt nicht nur, wenn allgemein geleugnet wird, daß Jesus der Christus ist, sondern immer und überall, wo die durch Gott und seine Kirche überlieferte Lehre angegriffen, relativiert oder gar geleugnet wird, wo sich also ein Irrtum ausbreitet!
Gestern führte ich aus, daß man nicht etwa gegen die Liebe verstößt, wenn man moralische Verfehlungen auch als solche bezeichnet. Genauso ist es mit Irrtümern; auch sie müssen klar benannt werden. Damit hat man nicht ein moralisches Urteil über einen Menschen gesprochen, ihn gar verurteilt, sondern man stellt die objektive Situation aus der Sicht unseres katholischen Glaubens fest.
Nehmen wir als Beispiel theologische Irrtümer oder Abweichungen von der Lehre der Kirche:
Wenn z.B. die reale Auferstehung Christi geleugnet würde oder die Wirklichkeit der Gegenwart Christi in der heiligen Eucharistie oder die Jungfräulichkeit Mariens oder andere Artikel unseres heiligen Glaubens: Welch verheerende Wirkung hätte dies auf die Gläubigen! Würden solche Irrtümer z.B. Seminaristen gelehrt, was würde das für zukünftige Priestergenerationen bedeuten! In einem solchen Fall ist der Geist des Antichristen am Werk, der schon in der Welt ist, wie es uns die heutige Lesung vor Augen stellt!
Dies muß klar benannt werden, und die Gläubigen müssen durch die Hirten vor solchen Irrtümern gewarnt werden. Geschieht dies nicht, dann schützen die Hirten die Herde nicht mehr und werden auf diesem Weg zu Mitarbeitern des Geistes des Antichristen!
Es gilt auf die authentische Lehre der Kirche zu hören und die Lehre der Apostel so zu befolgen, wie sie uns überliefert wurde. Wir dürfen uns keine Illusionen machen und müssen realisieren, daß die Kirche immer vom Geist des Antichristen angegriffen wird, der versucht, sie zu unterwandern. Schlimm ist es jedoch, wenn diejenigen, die für das Volk Gottes Verantwortung tragen, dies nicht richtig wahrnehmen und einschätzen! Dann müssen die Gläubigen selbst die Unterscheidung der Geister durchführen und sich an den Hirten orientieren, welche sich nicht mit dem Geist der Welt kompromitiert haben.
Zum Schluß noch ein Hinweis, was ich unter der “Scheidung der Geister” verstehe:
Es ist unsere Aufgabe, die „Unterscheidung der Geister“ in ihren verschiedenen Aspekten durchzuführen, wie ich sie in manchen Punkten bereits beschrieben habe. Der Apostel Johannes fordert uns auf: “Prüfet die Geister!”
Die “Scheidung der Geister” hingegen bedeutet – aus meiner Sicht – eine klare allgemeine Entflechtung von Licht und Finsternis! Im 13. Kapitel des Matthäusevangeliums wird im Zusammenhang mit dem Weltgericht folgendes gesagt:
„So wird es auch am Ende der Welt sein: Die Engel werden kommen und die Bösen von den Gerechten trennen.“ (Mt 13,49)
Es ist meine Hoffnung und auch mein Gebet, daß Gott seine Engel wirksam werden läßt, damit die derzeitige Verwirrung, die in der Kirche um sich greift, überwunden werden kann. Anders ausgedrückt: Die Engel mögen helfen, daß der antichristliche Geist, der auf verschiedenen Wegen in unserer heiligen Kirche Einzug gehalten hat, gebunden wird und nicht weiter die Kirche infiltrieren kann! Es muss für die Katholiken deutlich bleiben, was katholisch und was nicht katholisch ist, was Wahrheit und was Irrtum ist, was moralisch richtig und was moralisch falsch ist, was ökumenisch angebracht und was nicht angebracht ist, welche Hirten den rechten Dienst versehen und welche zu Mietlingen geworden sind (vgl. Joh 10,11-13).
Da wir Menschen doch sehr anfällig sind und uns leicht irren können, sollen besser die heiligen Engel, welche in der vollen Erkenntnis Gottes handeln, Licht und Finsternis voneinander scheiden, also diese „Scheidung der Geister“ durchführen! Sie helfen, das Wirken der Dämonen zu entlarven und eilen als Glieder der himmlischen Kirche der streitenden Kirche zu Hilfe, indem sie die Dämonen vertreiben, damit sich nicht weiterhin Licht und Finsternis vermischen.