THEMEN DES GEISTLICHEN LEBENS: Die Askese der Gedanken (Teil 1)

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Ein Hinweis: in diesen Tagen behandeln wir Themen des geistlichen Weges. Wer es vorzieht, eine Betrachtung über die Tageslesung zu hören, kann dies unter folgendem Link tun:

Tageslesung: Gal 3,21-29:

Auslegung: https://elijamission.net/2020/10/10/

Die Askese der Gedanken

“Verkehrte Gedanken trennen von Gott! ” (Weish 1,3)

Mit der Tugend der Mäßigkeit versuchen wir die sinnlichen Neigungen, welche Disharmonie in unser Leben bringen, mit der Hilfe Gottes zu ordnen. Der Askese der Gedanken fällt eine wesentliche Aufgabe zu, um auch über sie Herrschaft zu gewinnen und ihnen nicht einfach wehrlos ausgeliefert zu sein.

Wie bei allen asketischen Übungen, ist es auch hier wichtig, den tieferen Sinn unserer Bemühungen vor Augen zu haben. Es geht bei der Askese der Gedanken darum, daß wir aus der großen Zerstreutheit und gedanklichen Fremdbestimmung aufbrechen und unter der Führung des Heiligen Geistes eine weitgehende Herrschaft über unser Denken gewinnen. Da wir aus Liebe zu Gott auch unser Denken seinem Willen unterordnen möchten, ist die Frucht einer gelungenen asketischen Übung das Wachstum in der Liebe zu Gott, die uns in der Folge auch fähiger macht, die Menschen zu lieben.

Schon vor vielen Jahrhunderten hat der heilige Benedikt, der Mönchsvater, davon gesprochen, daß wir jede Einflüsterung des Teufels, selbst die kleinsten bösen Gedanken, aus unserem Herzen verbannen und ergreifen und am Felsen, der Christus ist, zerschmettern sollen. (Prolog der Benediktsregel, No. 28).

Wenn wir aufmerksam dem Herrn nachfolgen wollen, dann können wir uns weder bösen, noch einfach beliebig auf uns einströmenden Gedanken überlassen. Es gilt zu unterscheiden, welchen Gedanken wir unsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen und welchen nicht; welche wir bewußt denken und entfalten wollen und welche es nicht wert sind.

Auch sollten wir lernen, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann man welchen Gedanken Raum gibt.

Geht man in die Schule der Gedankenaskese, dann nimmt man immer sensibler wahr, daß auch unnütze Gedanken der Spannkraft der Seele schaden.

Aus geistlicher Sicht sind Gedanken besonders dann gut und fruchtbar, wenn sie uns stärker und inniger mit Gott verbinden, d.h. die Liebe zu Gott und zu den Menschen vertiefen. Ein geisterfülltes Denken ist somit die konkrete Umsetzung des ersten Gebotes:

„Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.“ (Dtn 6,5)

Wenn wir den Weg der Gedankenaskese beschreiten, stellen wir schnell fest, wie viele falsche, schädliche, illusorische, selbstbezogene und eitle Gedanken uns beherrschen wollen, und sich in unserem täglichen Denken niederschlagen. Sie tragen erheblich zu unserer Desintegration bei. Wie viele nutzlose Diskussionen und Gespräche führen wir in unserem Inneren! Wie viele »Hirngespinste« befinden sich dort! Damit bezeichnen die geistlichen Väter in der ostkirchlich-asketischen Tradition die Flut von täuschenden Gedanken, ausufernden Phantasien, irrealen Vorstellungen usw., mit welcher es der Mensch in seinem Inneren zu tun hat.

Dabei ist die Gedankenflut häufig nicht freiwillig, sondern beschäftigt den Menschen unfreiwillig. Sie stört leidvoll das Gebet und die innere Sammlung, womit sie den Gesamtzustand der Seele zu schwächen vermag, was eine Folge unseres erbsündlichen Zustandes ist.

In der morgigen Betrachtung werden wir darüber sprechen, wie man die Askese der Gedanken konkret angehen kann…