Die Apostelgeschichte (Apg 17,16.22–31): »Paulus in Athen«

Während Paulus in Athen auf sie wartete, wurde sein Geist von heftigem Zorn erfaßt; denn er sah die Stadt voll von Götzenbildern. […]

Da stellte sich Paulus in die Mitte des Areopags und sagte: Männer von Athen, nach allem, was ich sehe, seid ihr sehr fromm. Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: EINEM UNBEKANNTEN GOTT. Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch. Der Gott, der die Welt erschaffen hat und alles in ihr, er, der Herr über Himmel und Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind. Er läßt sich auch nicht von Menschenhänden dienen, als ob er etwas brauche, er, der allen das Leben, den Atem und alles gibt. Er hat aus einem einzigen Menschen das ganze Menschengeschlecht erschaffen, damit es die ganze Erde bewohne. Er hat für sie bestimmte Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnsitze festgesetzt. Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern. Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir; wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seinem Geschlecht. Da wir also von Gottes Geschlecht sind, dürfen wir nicht meinen, das Göttliche sei wie ein goldenes oder silbernes oder steinernes Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung. Gott, der über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen hat, gebietet jetzt den Menschen, daß überall alle umkehren sollen. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird, durch einen Mann, den er dazu bestimmt und vor allen Menschen dadurch ausgewiesen hat, daß er ihn von den Toten auferweckte.

Nachdem der Herr die Apostel durch ein starkes Zeichen aus dem Gefängnis geführt hatte (Apg 16,26) und der Gefängniswärter durch dieses Zeichen mit seinem ganzen Haus zum Glauben gekommen war, wollten die verantwortlichen Beamten die Apostel freilassen (V. 36). “Paulus aber sagte zu ihnen: Sie haben uns ohne Urteil öffentlich auspeitschen lassen, obgleich wir römische Bürger sind, und haben uns ins Gefängnis geworfen. Und jetzt möchten sie uns heimlich fortschicken? Nein! Sie sollen selbst kommen und uns hinausführen” (V. 37). Die Beamten erschraken und kamen, um sie zu beschwichtigen, führten sie hinaus und baten sie, die Stadt zu verlassen (V. 39).

In Thessalonich und in Beröa, wohin die Apostel weiterzogen, erleben sie Ähnliches wie zuvor bei ihren Verkündigungen (Apg 17,1-15). Sie finden offene Herzen, die ihnen zuhören, darunter auch vornehme Frauen der Stadt, und nicht wenige kommen zum Glauben, sowohl Juden als auch Griechen. Dann aber sind es wieder die eifersüchtigen Juden, die das Werk der Glaubensausbreitung zu verhindern suchen. Sie gehen nach dem bereits bekannten Muster vor, hetzen die Einwohner der Städte und ihre Autoritäten gegen die Verkünder auf, sodaß diese fliehen müssen. Bei der letzten Flucht aus Beröa wird Paulus allein nach Athen gebracht. Er weist seine Begleiter an, seine Mitarbeiter Timotheus und Silas zu informieren, daß sie so rasch wie möglich nachkommen sollten.

Beim Anblick der Götzenbilder in Athen wurde Paulus von heftigem Zorn erfaßt, wie wir im heutigen Text hören. Hier muß man sich vergegenwärtigen, daß die Juden schon immer von Gott strengstens angewiesen wurden, Götzen zu meiden, da diese objektiv eine Beleidigung Gottes darstellen und jede Verehrung von ihnen ein Verstoß gegen das erste Gebot ist. In diesem Fall kann man von einem »heiligen Zorn« sprechen, der dem Zorn des Herrn ähnelt, als er sah, wie das Haus seines Vaters zu einer Räuberhöhle gemacht worden war (Mt 21,13).

Paulus hatte bereits damit begonnen, in den Synagogen zu verkünden, und diskutierte auch mit den epikureischen und stoischen Philosophen auf dem Marktplatz (Apg 17,17-18). Sie führten Paulus zum Areopag, wo sich immer viele Leute aufhielten, um das Neueste zu erzählen oder zu hören.

Hier schildert uns der Text eine sehr weise Missionsrede des heiligen Paulus. Er hat seinen berechtigten Zorn über die Götzendarstellungen gezügelt und versucht nun, an das anzuknüpfen, was er gesehen hat. Zunächst würdigt er die Frömmigkeit der Athener. Dabei schaut er auf die Absicht der Menschen, die noch in der Götzenverehrung verhaftet sind, um sie dann zur Erkenntnis des wahren Gottes zu führen.

Hier gibt uns der Völkerapostel ein gutes Beispiel dafür, wie man bei ähnlichen Gegebenheiten mit Menschen umgehen kann. Die objektive Erkenntnis geht der pastoralen Bemühung voraus und darf nicht ausgeblendet werden. Es handelt sich um Götzen! Im Fall von irrigen oder auch unvollständigen Vorstellungen anderer Religionen sucht man dann aber einen Anknüpfungspunkt, um das Evangelium zu verkünden.

Paulus verwirklicht das beispielhaft, indem er in einem ihrer Heiligtümer auf den Altar des »unbekannten Gottes« verweist und ihn zum Anlaß nimmt, seinen Zuhörern die Weisheit Gottes zu verkünden. In seine Ansprache fügt er auch ein Wort ihrer Dichter ein: “Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir. wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seinem Geschlecht”.

So führt Paulus sie dahin, daß Gott nicht etwa in den Werken menschlicher Kunst sei, und beginnt von dem Mann zu sprechen, der den Erdkreis richten wird und den Gott von den Toten auferweckt hat.

“Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, spotteten die einen, andere aber sagten: Darüber wollen wir dich ein andermal hören. So ging Paulus aus ihrer Mitte weg. Einige Männer aber schlossen sich ihm an und wurden gläubig, unter ihnen auch Dionysius, der Areopagit, außerdem eine Frau namens Damaris und noch andere mit ihnen.” (Apg 17,32-34)

Betrachtung zum Tagesevangelium:

https://elijamission.net/lobpreis-des-heiligen-geistes/#more-14225

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