Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Während sie weinte, beugte sie sich in die Grabkammer hinein. Da sah sie zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen dort, wo der Kopf, den anderen dort, wo die Füße des Leichnams Jesu gelegen hatten. Diese sagten zu ihr: Frau, warum weinst du? Sie antwortete ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wohin sie ihn gelegt haben. Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast! Dann will ich ihn holen. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister. Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen.
Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.
Wie die Schrift berichtet, war Maria Magdalena die Erste, der sich der auferstandene Herr gezeigt hat, und sie wurde auch begnadigt, zuvor zwei Engel zu schauen, die wohl den Herrn ins Grab begleitet hatten.
Was für die himmlische Welt selbstverständlich ist, muß zu uns Menschen erst durchdringen. Selbst wenn wir das Geschenk des Glaubens empfangen haben, schauen wir “wie durch einen dunklen Spiegel” (1 Kor 13,12), unsere Erkenntnisfähigkeit der himmlischen Dinge ist also noch recht gering. Wir benötigen die Hilfe des Heiligen Geistes, damit alle Blindheit von uns weicht und wir mit dem Licht Gottes immer besser sehen lernen.
Dann verwandelt sich die oft noch vorhandene Trägheit des Glaubens in einen starken Glauben, den der Herr von uns möchte.
Wir sehen es bei Maria Magdalena. Selbst als sie den Herrn schon sah und seine Stimme hörte: “Frau, warum weinst du? Wen suchst du?”, konnte sie ihn nicht sogleich erkennen. Erst als der Herr sie mit ihrem Namen angesprochen hat, wachte sie auf. “Rabbuni, Meister” antwortet sie und ihre Augen waren aufgetan.
Offensichtlich ist es für den Herrn nicht so einfach, uns im Glauben ganz zu erwecken und uns für die himmlische Welt empfänglich zu machen. Doch wenn er einer liebenden Seele wie Magdalena begegnet, wird es leichter für ihn. Die innige Verbindung, die durch die Liebe von Herz zu Herz geschieht, durchdringt leichter den Nebel, in den wir oft noch gehüllt sind. Wir können uns vorstellen, wie zärtlich Jesus ihren Namen Maria aussprach, wie ihre Liebe zu ihm ganz geweckt wurde und so das Erkennen erfolgte: “Rabbuni, Meister!”. Wie viel liegt in diesem einen Wort! Die ganze Hingabe an den Herrn und eine große Dankbarkeit, daß sich nun vor ihren Augen erfüllt, was der Herr vorausgesagt hatte!
Der Herr macht Maria Magdalena zur ersten Botin seiner Auferstehung, indem er sie zu seinen Jüngern schickte. Aus ihrem Mund sollten sie die Kunde erhalten, daß sich seine Verheißung erfüllt hat und er lebt! Sie sollten wissen, daß er als der auferstandene Herr zu seinem Vater heimkehren werde. Jesus spricht hier die wunderbaren Worte: “Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott”, und erinnert an das, was er zuvor in den Abschiedsreden mitgeteilt hatte:
“Vater, ich will, daß alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor der Erschaffung der Welt” (Joh 17,24).
Wir können uns vorstellen, welche Freude und Aufregung diese Botschaft ausgelöst haben mag und wie sie die Jünger aus der Trostlosigkeit und Trauer herausgeführt hat. Sie hatten dem wahren Herrn geglaubt und er hat seine Verheißung erfüllt: Sie wurden nicht betrogen! Gewiß mußte die Wirklichkeit der Auferstehung noch tiefer in sie eindringen, alle vorhandenen Unsicherheiten und den zögernden Glauben noch überwinden und ihn zu einem felsenfesten Glauben machen. Doch der Herr nimmt sich ihrer Schwachheit an. War er es doch, der sie erwählt hatte, damit sie hingehen und Frucht bringen und ihre Frucht bleibt (Joh 15,16).
Der auferstandene Herr wird auch alle weiteren Verheißungen, die noch für die Kirche ausstehen, erfüllen. Der Glaube an ihn wird uns durch die derzeitigen Dunkelheiten und durch die Kreuzigung seiner Kirche durchtragen. Jesus bleibt treu und wir können uns felsenfest auf ihn verlassen. Nie wird er uns betrügen! Er ist auferstanden von den Toten und wird am Ende der Zeiten wiederkommen. Halleluja!