Am 4. Februar 2019 gab es eine gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus und dem moslemischen Großimam Ahmad Mohammad Al-Tayyeb, die in Kreisen der Gläubigen einige Unruhe verbreitet hat. Eine Passage wurde besonders herausgehoben, die der Klärung bedarf!
Das anzusprechende Thema ist für das Verständnis der Verkündigung des Evangeliums wichtig, die zum Hauptauftrag der Kirche gehört. Deshalb braucht es eine Klärung, damit nicht etwa der Eifer erlahmt, die heilige Botschaft den Menschen zu allen Zeiten zu verkünden!
Die betreffende Passage in der Erklärung lautete:
“Der Pluralismus und die Verschiedenheit in Bezug auf Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Ethnie und Sprache entsprechen einem weisen göttlichen Willen, mit dem Gott die Menschen erschaffen hat.”
Ohne Frage entspricht es dem Willen Gottes, daß es die Geschlechter von Mann und Frau gibt und daß unterschiedliche Hautfarben und verschiedene Ethnien zum Reichtum menschlichen Lebens gehören. Doch ist die Formulierung, daß Gott verschiedene Religionen will derart mißverständlich, daß es nötig ist zu fragen, was denn damit gemeint sei!
Klärung der Formulierung
Zunächst müssen wir sehr fein unterscheiden zwischen einem aktiven Willen Gottes, der direkt die Absichten Gottes aufzeigt, und einem zulassenden Willen Gottes, der auch verkehrte Wege in seinen Heilsplan integrieren kann! Diese Unterscheidung zu ziehen ist essentiell, sonst geraten wir in Verwirrung! Gott will nicht das Böse, den Irrtum und viele Dinge, welche nicht seine Wege sind! Doch weiß seine Allmacht damit umzugehen, und wir wissen im Glauben, daß selbst die listigen Angriffe des Teufels dem Guten dienen müssen!
Wenn wir nun diese wesentliche Unterscheidung getroffen haben, dann müssen wir sagen, daß der Satz – so wie er dasteht und unterschiedslos die vielen Religionen als gottgewollt bezeichnet – mehr als verwirrend ist, denn er widerspricht dem Zeugnis der Heiligen Schrift und auch der Lehre der katholischen Kirche!
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist eine stärkere Öffnung für den Wert anderer Religionen erkennbar und man sucht die „Samen Gottes“ in ihnen positiv wahrzunehmen und zu fördern! Dies bedeutet jedoch nicht, daß man die anderen Religionen etwa als gleichberechtigte Wege zum Heil ansehen kann und es quasi egal ist, in welcher Religion ich aufwachse, welche ich praktiziere, wenn diese in ihrer Verschiedenheit von Gott so gewollt sind! Wäre dies so, dann würde die Mission in der katholischen Kirche sich nur noch darauf reduzieren, sich in interreligiösen Dialogen um das Gemeinsame zu mühen und Werte wie Frieden und Gerechtigkeit zu verwirklichen!
Gottes Wille ist uneingeschränkt die Mission
Gerade in einer solchen Haltung liegt aber ein schwerer Irrtum! Jesus erklärt deutlich: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, außer durch mich.“ (Joh 14,6) und wir alle kennen seinen Missionsauftrag: „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern…“ (Mt 28,19)
Gottes Wille ist also, daß alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen, und Gott möchte – so hat er es uns selbst kundgetan – daß wir seinen Sohn erkennen, ihm folgen und so das Heil erlangen. Also kann Gott nicht gleichzeitig verschiedene Religionen absichtlich wollen, die oft noch große Irrtümer in sich tragen und den Herrn nicht im Heiligen Geist zu erkennen vermögen! Die Moslems verehren z.B. Jesus als Propheten, erkennen ihn aber nicht als Sohn Gottes an und lehnen die Heilige Dreifaltigkeit ab!
Manche würden vielleicht einwenden, daß es dem Papst nur darum ging, eine Brücke zu bauen, um sich mehr für den Frieden und die Verständigung unter den Religionen einsetzen zu können! Nicht wenige dürften sogar begeistert sein, daß ein führender Moslem sich auf eine solche Ebene der Erklärung einließ und könnten denken, daß hier dem Frieden der Weg bereitet wird! Sicher werden der Papst und seine Mitarbeiter in dieser Weise denken!
Doch jetzt gilt es klar die Unterscheidung zu ziehen: Ist es richtig, um einer mit einem moslemischen Führer einheitlichen Aussage willen und damit einem möglichen Frieden zu dienen, eine solch mißverständliche Aussage öffentlich zu machen? Geben manche Vertreter der Kirche die Mission auf oder interpretieren sie jetzt anders?
Halten wir fest:
- Wahrer und dauerhafter Friede wird nur durch Jesus Christus kommen, also durch die Begegnung mit dem Sohn Gottes und den Glauben an ihn!
- Eine solche Aussage, wenn sie nicht klargestellt wird, würde den Missionsauftrag außer Kraft setzen oder ihn zumindest relativieren. Das jedoch wäre eine Ungerechtigkeit gegenüber Gott, denn es dient der Ehre Gottes, wenn die Menschen seinen Sohn erkennen und wir ihn verkünden; auch gegenüber den Menschen, welche ja die Botschaft des Heils empfangen sollen, wäre es ungerecht.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Es geht nicht etwa um eine Kritik, daß der Papst sich um den Frieden müht und sich mit moslemischen Führern trifft! Jeder Schritt, der einem wahren Frieden dient, ist hilfreich!
Es darf jedoch nicht sein, daß die Hauptaufgabe der Kirche, nämlich das Evangelium zu verkünden, eine freiwillige Einschränkung erfährt und unser katholischer Glaube sich in ein allgemeines Gefüge verschiedener gleichberechtigter Religionen einreiht!
Das kann und darf nicht sein! Nicht etwa deshalb, weil wir Katholiken unsere Religion über alles setzen wollen, sondern weil sie schlicht und einfach die geoffenbarte Wahrheit Gottes ist!
Der Sinn eines wahren Dialogs und der Ökumene
Dieser fragwürdige Satz der Abu-Dhabi-Erklärung gibt Anlaß, noch einmal deutlich zu machen, wie denn der Dialog mit anderen Religionen geführt werden soll, damit es weder Vermischungen noch Verwirrungen gibt und damit die ureigenste Mission der katholischen Kirche keine Einschränkungen erfährt! Das ist enorm wichtig, denn der fast überall gegenwärtige Geist des Relativismus ist eine große Gefahr, daß wir feste Überzeugungen, die uns aus dem Glauben erwachsen und vom Heiligen Geist bewirkt werden, bezweifeln oder in Frage stellen. Auch besteht Grund, sich vor jeder Euphorie in Bezug auf den Dialog mit anderen Religionen zu hüten, weil man dann nicht mehr scharf zu unterscheiden versteht und vielleicht mehr vom menschlichen Wunsch nach größerer Nähe und besserem Verständnis oder von der Sehnsucht nach Frieden bewegt wird, als konkret durch die Führung des Heiligen Geistes.
Ähnliches gilt auch für den Weg der Ökumene. Es gibt einen fruchtbaren Weg, welcher keine Glaubenswahrheit oder sinnvolle Glaubenspraxis aufgibt und doch Schranken eines gegenseitig blockierten Verständnisses zu überwinden vermag! Doch kennen wir andere ökumenische Versuche, welche die Frage nach der Wahrheit zurückstellen oder gar aufgeben, um eine Einheit zu finden, die aber nicht Gott als Ursprung hat!
Unterscheidung der Geister
Um zu dieser notwendigen Unterscheidung der Geister zu kommen, können wir keinen besseren Rat suchen, als in den Worten der Heiligen Schrift selbst, in der Tradition der Lehre der Kirche und in unserem emeritierten Papst Benedikt XVI., der mit Recht als großer Theologe gilt. Seine Schriften hinterlassen uns ein Vermächtnis und geben klare Auskunft über den Kurs der Kirche, auch in dieser wichtigen Frage. Sie sind intellektuell ein wenig anspruchsvoll! Deshalb empfiehlt es sich, sie evtl. nachzulesen und sehr sorgfältig zu hören!
Im Folgenden werde ich einige Abschnitte aus dem Schreiben Dominus Jesus wiedergeben. Wem dieses Thema im Herzen brennt, dem sei sehr geraten, die ganze Schrift, die aus nur ca. 20 Seiten besteht, in Ruhe zu studieren. Sie klärt das Denken und besitzt eine große Weite! Vor allem aber zeigt sie, wie weit die Kirche in ihrem Bemühen gehen kann, den Dialog mit anderen Religionen zu führen.
So schreibt Kardinal Ratzinger, noch als Präfekt der Glaubenskongregation, unter Punkt 21:
„Zwischen der Kirche und dem Reich Gottes unter den Menschen — das im Wesentlichen das Reich des universalen Retters Jesus Christus ist —, geht klar hervor, daß es dem katholischen Glauben widerspräche, die Kirche als einen Heilsweg neben jenen in den anderen Religionen zu betrachten, die komplementär zur Kirche, ja im Grunde ihr gleichwertig wären, insofern sie mit dieser zum eschatologischen Reich Gottes konvergierten.
Gewiss enthalten und bieten die verschiedenen religiösen Traditionen Elemente der Religiosität, die von Gott kommen und zu dem gehören, was »der Geist im Herzen der Menschen und in der Geschichte der Völker, in den Kulturen und Religionen bewirkt«. Einige Gebete und Riten der anderen Religionen können tatsächlich die Annahme des Evangeliums vorbereiten, insofern sie Gelegenheiten bieten und dazu erziehen, daß die Herzen der Menschen angetrieben werden, sich dem Wirken Gottes zu öffnen. Man kann ihnen aber nicht einen göttlichen Ursprung oder eine Heilswirksamkeit ex opere operato zuerkennen, die den christlichen Sakramenten eigen ist. Es kann auch nicht geleugnet werden, daß andere Riten, insofern sie von abergläubischen Praktiken oder anderen Irrtümern abhängig sind (vgl. 1 Kor 10,20-21), eher ein Hindernis für das Heil darstellen.“
Wir halten für unser Thema fest: Andere Religionen sind keine Heilswege neben dem Weg der Kirche, denn es finden sich in ihnen auch Irrtümer. Was den Islam betrifft, ist er im Irrtum über die Person Jesu Christi, die Heilige Dreifaltigkeit und kennt daher auch nicht das Geheimnis der Erlösung – abgesehen von anderen Dingen. Deshalb gilt es auch, den Moslems auf geeignete Weise das Evangelium zu verkünden. Der zu hinterfragende Satz, Gott wolle in seiner Weisheit die Verschiedenheit der Religionen, bedarf also einer Erläuterung, welche übereinstimmt mit dem bisherigen Weg der Kirche. Erfolgt diese nicht, dann irrt die gemeinsame Erklärung von Abu Dhabi an diesem Punkt!
Hören wir nochmals Kardinal Ratzinger (n. 22):
“Auch im interreligiösen Dialog behält die Sendung ad gentes »heute und immer… ihre ungeschmälerte Bedeutung und Notwendigkeit«. Gott will ja, ”daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Gott will, daß alle durch die Erkenntnis der Wahrheit das Heil erlangen. Das Heil liegt in der Wahrheit. Wer dem Antrieb des Geistes der Wahrheit gehorcht, ist schon auf dem Weg zum Heil; die Kirche aber, der diese Wahrheit anvertraut worden ist, muß dem Verlangen des Menschen entgegengehen und sie ihm bringen. Weil die Kirche an den allumfassenden Heilsratschluss Gottes glaubt, muß sie missionarisch sein«. Deswegen ist der Dialog, der zum Evangelisierungsauftrag gehört, nur eine der Tätigkeiten der Kirche in ihrer Sendung ad gentes. Die Parität, die Voraussetzung für den Dialog ist, bezieht sich auf die gleiche personale Würde der Partner, nicht auf die Lehrinhalte und noch weniger auf Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, im Vergleich zu den Gründern der anderen Religionen. Geführt von der Liebe und von der Achtung vor der Freiheit, muß sich die Kirche vorrangig darum bemühen, allen Menschen die Wahrheit, die durch den Herrn endgültig geoffenbart wurde, zu verkünden und sie aufzurufen, daß die Bekehrung zu Jesus Christus und die Zugehörigkeit zur Kirche durch die Taufe und die anderen Sakramente notwendig sind, um in voller Weise an der Gemeinschaft mit Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist teilzuhaben. Die Pflicht und die Dringlichkeit, das Heil und die Bekehrung zum Herrn Jesus Christus zu verkünden, wird durch die Gewißheit des universalen Heilswillens Gottes nicht gelockert, sondern verstärkt.”
Niemals dürfen wir als Christen aufgeben, den Glauben zu verkünden. Wir können den Heiligen Geist anfragen um die geeigneten Mittel, aber die Basis bleibt dieselbe. Der Herr hat verschiedene Religionen zugelassen und über ihre Unwissenheit hinweggesehen (vgl. Apg 17,30). Er möchte jedoch eine Kirche aus allen Völkern. Deshalb darf nicht ein solch mißverständlicher Satz in einem Dokument auftauchen, welches von der Kirche verantwortet wird. Ist es geschehen, dann braucht es eine Erklärung, wie es gemeint ist.
Intervention von Weihbischof Scheider aus Kasachstan
Bischof Athanasius Schneider hat den Papst bei einem Ad-Limina-Besuch der Bischöfe aus Kasachstan auf diesen Satz angesprochen und ihn gebeten, diese irreführende Aussage öffentlich zu klären. Wenn auch Papst Franziskus ihm gegenüber zu verstehen gab, daß der Satz in dem Sinne gemeint sei, daß es sich um den zulassenden Willen Gottes handle und Bischof Schneider dies auch so weitergeben könne, und er ebenso in der Generalaudienz am 3. April 2019 vom zulassenden Willen Gottes in Bezug auf diese Realität der verschiedenen Religionen sprach, so nahm der Papst doch den irrtümlichen Satz offiziell nicht wieder zurück. Stattdessen verbleibt er in dem Dokument und wird unkorrigiert in Universitäten und an anderen Orten gelehrt und weitergegeben.
In einem Interiew mit Life-Site-News am 26. August 2019 [1] geht Weihbischof Schneider darauf ein, daß der Papst es begrüßt habe und sich lobend darüber äußerte, daß in den Arabischen Emiraten ein sog. Hohes Komitee gebildet worden sei, um die im Dokument von Abu Dhabi enthaltenen Ziele zu erreichen.
Wörtlich sagte Weihbischof Schneider: Die Einrichtung des oben genannten „Hohen Komitees“, das u.a. die Umsetzung des angeblich göttlich gewollten Grundsatzes der „Verschiedenheit der Religionen“ auf allen Ebenen zum Auftrag hat, lähmt die kirchliche Mission ad gentes. Es erstickt ihren brennenden Eifer, alle Menschen zu evangelisieren – natürlich mit Liebe und Respekt (…).
Der Grund der missionarischen Tätigkeit ergibt sich aus dem Plan Gottes, der „will, daß alle Menschen das Heil erlangen und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Denn es ist nur ein Gott und nur ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst als Lösegeld hingegeben hat (1 Tim 2,4-6) „und in keinem anderen ist Heil“ (Apg 4,11)
In diesem Kontext rief Bischof Schneider die Worte Leo XIII. in Erinnerung (Enzyklika Humanum Genus 16): „Die Auffassung, daß alle Religionen gleich sind, hat den Ruin aller Religionsformen und insbesondere der katholischen Religion zur Folge, die, da sie die einzige wahre ist, nicht ohne große Ungerechtigkeit als bloß gleichwertig mit anderen Religionen angesehen werden kann.“
Bischof Schneider kommt angesichts der gravierenden Situation zu folgendem Schluß:
„Durch eine direkte oder indirekte Anerkennung der Gleichheit aller Religionen mittels der Verbreitung und Umsetzung des Dokuments von Abu Dhabi (vom 4. Februar 2019) ohne seine falsche Behauptung über die Vielfalt der Religionen zu korrigieren, verraten heute Kirchenmänner nicht nur Jesus Christus als den einzigen Retter der Menschheit und die Notwendigkeit seiner Kirche für das ewige Heil, sondern begehen auch eine große Ungerechtigkeit und eine Sünde gegen die Nächstenliebe.“
Fazit
Sollte es so sein, daß man tatsächlich glaubt, daß die Kirche ihren Anspruch aufgeben und sich demütig in die Vielfalt der Religionen einreihen soll, um Frieden zu fördern, dann handelt es sich hier nicht um einen Weg, der mit dem Zeugnis der Schrift und der Lehre der Kirche übereinstimmt, und es muß vor ihm ausdrücklich gewarnt werden. Es würde sich dann nicht um einen Weg des Herrn handeln, sondern um eine Irreführung, welche verhindern möchte, daß die Menschen zur wahren Erkenntnis Gottes gelangen.
[1] https://www.lifesitenews.com/news/bishop-schneider-vatican-is-betraying-jesus-christ-as-the-only-savior-of-mankind
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